Hermann (Ludwig Heinrich)
Fürst von Pückler-Muskau

Berichte und Informationen
im Archiv

Vier gezähmte Hirsche

aspekte Der grüne Fürst
Das bewegte Leben und Vermächtnis eines preußischen Fürsten
23.04.2004
Zitatensammlung
Weltkulturerbe
Bilder - Galerie
Filme - Video - Galerie
Inhaltsverzeichnis


ZDF- 23.04.2004
Angeblich soll er mehr Affären gehabt haben als Casanova.

Vier gezähmte Hirsche

Der grüne Fürst - 1785 in Muskau (Lausitz) geboren, ein luxusverwöhnter, exzentrischer Snob, genialer Gartenarchitekt und Freidenker - kutschierte bisweilen zu seiner eigenen wie auch des Volkes Belustigung mit einem Gespann vier gezähmter Hirsche die "Allee unter den Linden" in Berlin entlang.



Mit einem Gespann Hirsche durch Berlin



Als junger Mann korrespondierte er regelmäßig mit Goethe, der Pücklers Interesse auf die Landschaftsgärtnerei lenkte und ihm riet: "Verfolgen Sie die Richtung. Sie scheinen Talent dafür zu haben." 1814 ließ er sich auf einer Reise nach England von den dortigen Landschaftsgärten inspirieren und verkündete im Frühsommer 1815 den Muskauer Bürgern, seine Pläne, einen Park anlegen zu lassen. Es sollte ein einzigartiges Meisterwerk werden, an dem fast 30 Jahre gearbeitet wurde.

Mit dazugehöriger Mitgift
Wie der einflussreichste Landschaftsarchitekt des deutschen Klassizismus, Peter Joseph Lenné, importierte auch der Fürst die englische Gartenkunst nach Deutschland. Dennoch entwickelte Hermann Pückler seinen eigenen Stil, machte den Park von Anfang an der Öffentlichkeit zugänglich und arbeitete selbst bei der Bepflanzung und Gestaltung mit. Doch die Mittel wurden knapp. Was tun? Eine Frau musste her - selbstverständlich mit der dazugehörigen Mitgift. Im Oktober 1817 heiratete er die wohlhabende Lucie von Pappenheim, eine geborene Hardenberg, die mit ihrem Vermögen die Muskauer Besitzungen sicherte.


Über seine Ehe sagte der Gartenfürst später: "Als wir uns heirateten, war sie zwar, aufrichtig gestanden, etwas verliebt in mich, ich aber nicht im geringsten in sie, und sagte es ihr auch unumwunden, dass ich unsere Verbindung nur als eine Konvenienzheirath ansähe, und mir jede Freiheit vorbehielte. Im Verlauf der Jahre haben wir aber, wie ich wohl sagen darf, uns gegenseitig so sehr achten und lieben gelernt, dass unser Bund für Freundschaft und Vertrauen unauflöslich geworden ist."

Den schönsten und festesten Busen
Der Schürzenjäger Pückler war eigentlich auf dem Weg nach Amerika, als er wegen eines Duells sein Schiff verpasste und stattdessen 1834 im Orient strandete. Hier, in der exotischen Welt von Tausend und einer Nacht, fand er etwas, worauf er nicht vorbereitet war:

"Woher in Himmels Namen haben diese Mädchen, diese zarten, gleich einem Bildhauermodell geformten Hände und Füße, den schönsten und festesten Busen und obgleich meistens nackt den brennenden Sonnenstrahlen ausgesetzt, doch eine Haut von Atlas."

Prekäre Dreieckskonstellation
Der preußische Fürst war der Liebe verfallen. Liebestoll manövrierte sich der preußische "Don Juan" in eine prekäre Dreieckskonstellation: Auf einem ägyptischen Sklavenmarkt erwarb der mittlerweile 52-jährige Fürst 1837, die 14-jährige Machbuba. Zu Hause, im heimischen Muskauer Park, saß derweil Pücklers Gattin Lucie, die sich als eifersüchtige, alternde Reichsgräfin entpuppte.

Über Konstantinopel, Budapest und Wien brachte Pückler seine "abessinische Prinzessin" Machbuba letztendlich nach Muskau. Die Rückreise entwickelte sich zu einer Odyssee: Als Mameluckenjunge verkleidet ritt Machbuba mit dem Fürsten entlang des Jordans nach Damaskus. In Wien lernte die junge Frau in einem Internat die gesellschaftlichen Gepflogenheiten einer europäischen Dame.

Skandalöser Tabubruch
1840 erreichte die Karawane schließlich, nach schweren Krankheiten, erneuten Affären, wackeligen Kompromissen mit Lucie und einem Fenstersprung Machbubas, der als Posse endete - die schwarze Schönheit blieb beim Todessprung mit ihrer Weste an einer eisernen Ladenklammer hängen - Muskau.

Die Beziehung Pücklers zu der dunkelhäutigen Sklavin war in der damaligen Gesellschaft in aller Munde: ein skandalöser Tabubruch. Gleichzeitig strömte diese Liebesgeschichte aber auch eine anziehende Faszination aus. Machbuba war die Attraktion, wenn sie im Mamalukengewand mit dem Fürsten auf zwei Arabern ausritt. Pückler gab die Schöne als geraubtes abessinisches Fürstenkind aus, das er an Tochter statt angenommen hatte. Geglaubt hat ihm das keiner - aber gerade deswegen riss man sich bei Hofe um die beiden.


Jung und aus Abessinien
Hatte Lucie sonst über all seine Eskapaden hinweggesehen, so war sie dieses Mal ernsthaft gekränkt und fragte: "Warum bin ich nicht jung und aus Abessinien?" Aber das neue Liebesglück des Fürsten hielt nicht lang. Kaum in Muskau angekommen, starb die bereits an Tuberkulose erkrankte Machbuba, während Pückler seiner ebenfalls erkrankten Gattin nach Berlin nachreiste.

1845 wurden das Schloss und der Park in Muskau, an dem der Gartenfürst jegliches Interessen verloren hatte, verkauft. Gemeinsam mit Lucie siedelte er auf das Schloss Branitz bei Cottbus um, wo er 1871 starb.

545 Hektar
Muskau, der Geburtsort Hermann Pücklers, ist heute eine geteilte Stadt. Die Neiße trennt die beiden Hälften seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in eine polnische und in eine deutsche Seite. Gleich neben dem Grenzübergang erstreckt sich der 545 Hektar umfassende Park, den Pückler seinerzeit meisterlich gestaltete.

Der Grenzfluss durchschneidet auch dieses architektonische Juwel. Aufgrund der Trennung entstanden mittlerweile zwei Parks mit völlig verschiedenem Antlitz. Auf deutscher Seite: gepflegte, akkurat geschnittene Wiesen, das renovierte Schloss des Fürsten, die Orangerie sowie die Bücherei. Östlich der Neiße nagt der Zahn der Zeit. Über die Jahre entstand ein verwilderter, verwunschener Garten mit dem Charme des Vergänglichen.
Am 1. Mai wird der Park durch die EU-Osterweiterung wieder vereint.


von Dirk Lienig

http://www.fuerstpueckler.de
Fürst Pückler - Archiv - Das bewegte Leben und Vermächtnis eines preußischen Fürsten
23.04.2004