Es ist mir zuweilen ein wahres Bedürfnis,
einen Tag ganz allein zu Haus zuzubringen, und dann großenteils
in einer Art von träumerischem Hinbrüten zu durchleben,
wo ich so lange Vergangenes und Neues und alle Affekte durchlaufe,
bis durch die Mischung so vieles Bunten eine Nebelfarbe sich
über alles breitet, und die Dissonanzen des Lebens sich
am Ende in eine sanfte, objektlose Rührung auflösen.
Recht unterstützt wird man hier in solcher Stimmung durch
die, mir sonst sehr unausstehlichen Drehorgeln, die Tag und
Nacht in allen Straßen ertönen. Auch sie leiern im
wilden Wirbel hundert Melodien untereinander, bis alle Musik
sich in ein träumerisches Ohrenklingen verliert.
Amüsanter ist dagegen ein anderes hiesiges
Straßenspiel, eine echte National-Komödie, die eine
etwas genauere Beleuchtung verdient, und mir auch heute von
unter meinen Fenstern heitere Zerstreuung heraufgeschickt hat.
Es ist dies Punch, der englische,
ganz vom italienischen verschiedene Pulcinella, dessen getreue
Abbildung ich hier beifüge, wie er eben seine Frau totschlägt,
denn er ist der gottloseste Komiker, der mir noch vorgekommen
ist, und so complet ohne Gewissen, wie das Holz, aus dem er
gemacht ist, und ein wenig auch die Klasse der Nation, welche
er repräsentiert.
Punch hat, wie sein Namensvetter, auch etwas von Arrak Zitronen
und Zucker in sich, stark, sauer und süß, und dabei
von einem Charakter, der dem Rausche, welchen jener herbeiführt,
ziemlich gleich ist. Er ist überdies der vollendetste Egoist,
den die Erde trägt, et ne doute jamais de rien. Mit dieser
unbezwingbaren Lustigkeit und Laune besiegt er auch alles, lacht
der Gesetze, der Menschen, und selbst des Teufels, und zeigt
in diesem Bilde zum Teil, was der Engländer ist, zum Teil,
was er sein möchte, nämlich Eigennutz, Ausdauer, Mut,
und wo es sein muß, rücksichtslose Entschlossenheit
auf der vaterländischen Seite, unerschütterlichen
leichten Sinn und stets fertigen Witz auf der ausländischen
aber erlaube, daß ich, sozusagen mit Punchs eignen
Worten, ihn weiter schildere, und aus seiner Biographie noch
einige fernere Nachrichten über ihn mitteile.
Als ein Nachkomme Pulcinellas aus Acerra ist er für's erste
unbezweifelt ein alter Edelmann, und Harlekin, Clown, der deutsche
Kasperle selbst u.s.w. gehören zu seiner nahen Vetterschaft,
er jedoch paßt, wegen seiner großen Kühnheit,
am besten zum Familien-Chef. Fromm ist er leider nicht, aber
als guter Engländer geht er doch ohne Zweifel Sonntags
in die Kirche, wenn er auch gleich darauf einen Priester totschlägt,
der ihn zu sehr mit Bekehrungsversuchen ennuyiert.
Es ist nicht zu leugnen, Punch ist ein wilder Kerl, keine sehr
moralische personnage, und nicht umsonst von Holz. Niemand z.
B. kann besser boxen, denn fremde Schläge fühlt er
nicht, und seine eignen sind unwiderstehlich. Dabei ist er ein
wahrer Türke in der geringen Achtung menschlichen Lebens,
leidet keinen Widerspruch, und fürchtet selbst den Teufel
nicht. Dagegen muß man aber auch in vieler andern Hinsicht
seine großen Eigenschaften bewundern. Seine admirable
Herzens-Unempfindlichkeit und schon gepriesene, stets gute Laune,
sein heroischer Egoismus, seine nicht zu erschütternde
Selbstzufriedenheit, sein nie versiegender Witz und die konsommierte
Schlauheit, mit der er aus jedem mauvais pas sich zu ziehen,
und zuletzt als Sieger über alle Antagonisten zu triumphieren
weiß, werfen einen glänzenden lustre über alle
die kleinen Freiheiten, die er sich im übrigen mit dem
menschlichen Leben herauszunehmen pflegt. Man hat in ihm eine
Verschmelzung von Richard III. und Falstaff nicht ganz mit Unrecht
gefunden. In seiner Erscheinung vereinigt er auch die krummen
Beine und den doppelten Höcker Richards mit der angehenden
Beleibtheit Falstaffs, zu welcher noch die italienische lange
Nase und die feuersprühenden schwarzen Augen sich gesellen.
Seine Behausung ist ein auf vier Stangen gestellter Kasten mit
gehörigen innern Dekorationen, ein Theater, das in wenigen
Sekunden am beliebigen Orte aufgeschlagen wird, und dessen über
die Stangen herabgelassene Draperie Punchs Seele verbirgt, die
seine Puppe handhabt, und ihr die nötigen Worte leiht.
Dieses Schauspiel, in dem er täglich, wie gesagt, in der
Straße auftritt, variiert daher auch nach dem jedesmaligen
Talente dessen, der Punch dem Publikum verdolmetscht, doch ist
der Verlauf desselben im wesentlichen sich gleich, und ohngefähr
folgender:
Sowie der Vorhang aufrollt, hört man hinter der Szene Punch
das französische Liedchen Marlborough s'en va-t-en
guerre trällern, worauf er selbst tanzend und guter
Dinge erscheint, und in drolligen Versen die Zuschauer benachrichtigt,
wes Geistes Kind er sei. Er nennt sich einen muntern, lustigen
Kerl, der gern Spaß mache, aber nicht viel von andern
verstehe, und wenn er ja sanft werde, ihm dies nur vis-à-vis
des schönen Geschlechts arriviere. Sein Geld vertue er
frank und frei, und seine Absicht sei überhaupt, das ganze
Leben hindurch zu lachen, und dabei so fett als möglich
zu werden. Mit den Mädchen sei er allerdings ein Versucher
und Verführer, auch, so lange er es habe, ein Freund der
bonne chère, wenn er nichts habe, aber auch bereit, von
Baumrinde zu leben, und stürbe er einmal nun so
sei's eben weiter nichts, als daß es aus sei, und damit
habe denn die Komödie von Punch ein Ende. (Dies letzte
riecht ohne Zweifel ein wenig nach Atheismus.)
Nach diesem Monolog ruft er in die Szene hinein
nach Judy, seiner jungen Frau, welche aber nicht hören
will, und statt ihrer endlich nur ihren Hund schickt. Punch
streichelt und schmeichelt ihm, wird aber von dem bösen
Köter in die Nase gebissen, und so lange daran festgehalten,
bis nach einer lächerlichen Balgerei und verschiedenen
starken Späßen des nicht allzu diskreten Punch, dieser
endlich den Hund abwehrt, und derb abstraft.
Der Hausfreund Scaramutz tritt noch während diesem Lärmen
mit einem großen Prügel ein, und setzt sogleich Punch
zur Rede, warum er Judy's Lieblingshund geschlagen, der nie
jemanden beiße? »Auch ich schlage nie einen Hund«,
erwiderte Punch, »aber«, fährt er fort, »was
habt ihr selbst denn da in der Hand, lieber Scaramutz?«
»O nichts, als eine Geige, wollt ihr vielleicht
ihren Ton probieren? Kommt nur einmal her, und vernehmt das
herrliche Instrument.« »Danke, danke, lieber
Scaramutz«, erwidert Punch bescheiden, »ich unterscheide
die Töne schon vortrefflich von weitem.«
Scaramutz läßt sich jedoch nicht abweisen, und indem
er, sich mit Gesang akkompagnierend, herumtanzt und seinen Prügel
schwingt, gibt er, bei Punch vorbeikommend, diesem wie von ungefähr
einen derben Schlag auf den Kopf.
Punch tut als merke er gar nichts davon, fängt aber auch
zu tanzen an, und, seinen Vorteil wahrnehmend, reißt er
plötzlich Scaramutz den Stock aus der Hand, und gibt ihm
gleich zum Anfang einen solchen Schlag damit, daß dem
armen Scaramutz der Kopf vor die Füße rollt
denn wo Punch hinschlägt, da wächst kein Gras. »Ha
ha«, ruft er lachend, »hast Du die Geige vernommen,
mein guter Scaramutz, und was für einen schönen Ton
sie hat! So lange du lebst, mein Junge, wirst du keinen schönern
mehr vernehmen. Aber wo bleibt denn meine Judy. Meine
süße Judy, warum kommst denn du nicht?«
Unterdes hat Punch Scaramutz' Leiche hinter einem Vorhang verborgen,
und Judy, das weibliche Pendant ihres Mannes, mit ebensoviel
Buckeln und noch monströserer Nase tritt auf. Eine zärtlich
komische Szene erfolgt, nach der Punch nun auch nach seinem
Kinde verlangt. Judy geht es zu holen, und Punch ekstasiiert
sich während dem in einem zweiten Monolog über sein
Glück als Ehemann und Vater. Sobald das kleine Ungeheuer
ankommt, können beide vor Freude sich kaum fassen, und
verschwenden die zärtlichsten Namen und Liebkosungen an
dasselbe. Judy geht jedoch häuslicher Geschäfte wegen,
bald wieder ab, und läßt den Säugling in des
Vaters Armen, der, etwas ungeschickt, die Amme nachahmen und
mit dem Kinde spielen will; dies fängt aber an jämmerlich
zu schreien und sich sehr unartig zu gebärden. Punch sucht
es erst zu besänftigen, wird aber bald ungeduldig, schlägt
es, und da es nun nur immer ärger schreit, und ihm zuletzt
gar etwas in den Händen zurückläßt, wird
er wütend, und wirft es unter Verwünschungen zum Fenster
hinaus, direkt auf die Straße, wo es mitten unter den
Zuschauern den Hals bricht. Punch biegt sich weit über
die Bühne hinaus, ihm nachzusehen, macht einige Grimassen,
schüttelt mit dem Kopf, fängt an zu lachen, und singt
tanzend:
Eia popeia, mit dem Kindlein war's aus,
Du schmutziges Ding, pack' dich fort aus dem Haus,
Bald mach' ich ein andres, das wird mir nicht schwer,
Von wo du herkamst, kommen andere noch her.
Indem kehrt Judy zurück und fragt bestürzt
nach ihrem darling: »Das Kind ist schlafen gegangen«,
erwidert Punch gelassen, doch nach fortgesetzter Inquisition
muß er endlich gestehen, daß es ihm während
dem Spielen mit ihm von ungefähr aus dem Fenster gefallen
sei. Judy gerät außer sich, reißt sich die
Haare aus, und überhäuft ihren grausamen Tyrannen
mit den schrecklichsten Vorwürfen. Vergebens verspricht
er ihr la pace di Marcolfa, sie will von nichts hören,
sondern läuft unter heftigen Drohungen davon.
Punch hält sich den Bauch vor Lachen, tanzt
umher, und schlägt vor Übermut mit dem eignen Kopfe
den Takt an den Wänden dazu, indem er singt:
Welch' tolles Lärmen um nichts,
Wegen des kleinen elenden Wichts!
Warte nur, Judy, dich will ich bekehren,
Will dir bald andere Mores lehren.
Unterdessen ist aber hinter ihm Judy schon mit
einem Besenstiel angelangt, und arbeitet sogleich aus allen
Kräften auf ihn los
Er gibt erst sehr gute Worte, verspricht nie
wieder ein Kind aus dem Fenster zu werfen, bittet, doch den
Spaß nicht so hoch aufzunehmen als
aber nichts fruchten will, verliert er abermals die Geduld,
und endet wie mit Scaramutz, indem er die arme Judy tot schlägt.
»Nun«, sagt er ganz freundlich, »unser Streit
ist aus, liebe Judy, bist du zufrieden, ich bin's auch. Na,
so steh' nur wieder auf, gute Judy. Ach verstell dich nicht,
das ist nur so eine von deinen Finten! Wie, Du willst nicht
auf? Nun so pack Dich hinunter!« und damit fliegt
sie ihrem Kinde nach auf die Straße.
Er sieht ihr nicht einmal nach, sondern, in sein
gewöhnliches schallendes Gelächter ausbrechend, ruft
er: »Ein Weib zu verlieren ist ein bonne fortune!«
und singt dann:
Wer möchte sich mit einem Weibe plagen,
Wenn er sich Freiheit schaffen kann,
Und sie mit Messer oder Stock erschlagen,
Und über Bord sie werfen kann.
Im zweiten Akt sehen wir Punch in einem Rendezvous
mit seiner Maitresse Polly begriffen, der er nicht auf die anständigste
Weise die Cour macht, und dabei versichert, daß sie nur
alle seine Sorgen verscheuchen könne, und wenn er auch
sämtliche Weiber des weisen Salomos hätte, er sie
ihr zuliebe doch alle tot schlagen würde. Ein Hofmann und
Freund seiner Polly macht ihm darauf noch eine Visite, den er
diesmal nicht umbringt, sondern nur zum besten hat, sich dann
langweilt, und erklärt, das schöne Wetter zu einem
Spazierritt benutzen zu wollen. Ein wilder Hengst wird vorgeführt,
mit dem er eine Zeitlang lächerlich umhercaracolliert,
zuletzt aber durch entsetzliches Bocken des unbezähmbaren
Tieres abgeworfen wird.
Er schreit um Hilfe, und sein glücklicherweise eben vorbeigehender
Freund, der Doktor, läuft schnell herbei. Punch liegt da
wie halb tot, und jammert entsetzlich. Der Doktor sucht ihn
zu beruhigen, fühlt an seinen Puls und fragt: »Wo
seid Ihr denn eigentlich beschädigt, hier?«
»Nein, tiefer.« »An der Brust?«
»Nein, tiefer.« »Ist Euer Bein
gebrochen?« »Nein, höher.«
»Wo denn?« In dem Augenblick gibt aber Punch dem
armen Doktor einen schallenden Schlag auf eine gewisse Partie,
springt lachend auf und singt tanzend:
Hier ist der Fleck, wo ich verwundet,
Und jetzt durch Sympathie gesundet;
Ich fiel ja nur ins grüne Gras,
Glaubt Esel Ihr, ich sei von Glas?
Der wütende Doktor ist, ohne ein Wort weiter
zu erwidern, weggelaufen, kommt gleich darauf mit seinem großen
Stocke mit goldnem Knopfe wieder, und indem er ausruft: »Hier,
lieber Punch, bringe ich Euch heilsame Medizin, wie sie für
Euch allein paßt«, läßt er besagten Stock
noch nachdrücklicher als Judy, wie einen Dreschflegel auf
Punchs Schultern arbeiten.
»O weh«, schreit dieser, »tausend
Dank, ich bin ja schon gesund, ich vertrage überhaupt gar
keine Medizin, sie gibt mir immer gleich Kopf- und Hüftenweh...«
»Ach, das ist nur, weil ihr noch eine zu geringe
Dosis davon zu Euch genommen habt«, unterbricht ihn der
Doktor, »nehmt immer noch eine kleine Gabe, und es wird
Euch gewiß besser werden.«
PUNCH: »Ja, so sprecht ihr Doktoren immer,
aber versucht es doch einmal selbst.«
DOKTOR: »Wir Doktoren nehmen nie unsere
eigene Medizin. Doch Ihr braucht jedenfalls noch einige Dosen.«
Punch scheint besiegt, fällt entkräftet
hin, und bittet um Gnade; als sich aber der leichtgläubige
Doktor zu ihm herabbeugt, stürzt ihm Punch mit Blitzesschnelle
in die Arme, ringt mit ihm und entreißt ihm endlich den
Stock, mit dem er dann wie gewöhnlich verfährt.
»Jetzt«, ruft er, »werdet Ihr
doch auch ein wenig von eurer schönen Medizin versuchen
müssen, wertester Doktor, nur ein ganz klein wenig, geehrtester
Freund. So... und so...«
»O Gott, sie bringt mich um...« schreit
der Doktor.
»Nicht der Rede wert, es ist einmal so
gebräuchlich. Doktoren sterben immer, wenn sie von ihrer
eignen Medizin genießen. Nur lustig, hier, noch eine,
und die letzte Pille.« Er stößt ihm den Stock
mit der Spitze in den Magen. »Fühlt Ihr die Wirkung
dieser wohltätigen Pille in Eurem Innern?«
Der Doktor fällt tot hin.
Punch lachend: »Nun, guter Freund, kuriert
Euch selbst, wenn ihr könnt!« (Geht singend und tanzend
ab.)
Nach mehreren Avanturen, die fast alle einen
solchen tragischen Ausgang nehmen, wird endlich die Gerechtigkeit
wach, und dem Punch ein CONSTABLE zugesendet, um ihn zu arretieren.
Dieser findet ihn, wie immer, in der besten Laune, und eben
beschäftigt, sich mit Hilfe einer großen Rindviehglocke,
wie er sagt, Musik zu machen (eigentlich ein sehr
naives Geständnis der Musikkapazität der Nation).
Der Dialog ist kurz und bündig.
CONSTABLE: Mr. Punch, laßt einmal Musik
und Singen ein wenig beiseite, denn ich komme Euch aus dem letzten
Loche singen zu lassen.«
PUNCH: »Wer Teufel, Kerl, seid Ihr?«
CONSTABLE: »Kennt Ihr mich nicht?«
PUNCH: »Nicht im geringsten, und fühle
auch gar kein Bedürfnis, Euch kennenzulernen.
CONSTABLE: »Oho, Ihr müßt aber.
Ich bin der CONSTABLE.«
PUNCH: »Und wer, mit Verlaub. hat zu Euch
geschickt, um Euch holen zu lassen?«
CONSTABLE: »Ich bin geschickt, um Euch
holen zu lassen?«
PUNCH: »Allons, ich brauche Euch ganz und
gar nicht; ich kann meine Geschäfte allein verrichten,
ich danke Euch vielmals, aber ich brauche keinen CONSTABLE.«
CONSTABLE: »Ja, aber zufällig braucht
der CONSTABLE Euch.«
PUNCH: »Den Teufel auch, und für was
denn, wenn ich bitten darf?«
CONSTABLE: »O, bloß um Euch hängen
zu lassen. Ihr habt Scaramutz totgeschlagen, euer Weib
und Kind, den Doktor...«
PUNCH: »Was Henker geht Euch das an? Bleibt
Ihr noch viel länger hier, so werde ich's mit Euch ebenso
machen.«
CONSTABLE: »Macht keine dummen Späße.
Ihr habt Mord begangen, und hier ist der Verhaftsbefehl.«
PUNCH: »Und ich habe auch einen Befehl
für Euch, den ich Euch gleich notifizieren will. (Punch
ergreift die bisher hinter sich gehaltene Glocke, und schlägt
dem CONSTABLE damit dermaßen auf das occipitium, daß
er wie seine Vorgänger leblos umsinkt, worauf Punch mit
einer Kapriole davonspringt, indem man ihn noch hinter der Szene
jodeln hört:
Der Krug geht zu Wasser
So lang bis er bricht,
Ein lustiger Prasser
Bekümmert sich nicht.
Der Gerichtsbeamte, welcher nach dem Tode
des CONSTABLE gesendet wird, Punch zu verhaften, hat dasselbe
Schicksal, wie jener, bis endlich der Henker in eigner Person
Punch aufpaßt, welcher in seiner lustigen Unbefangenheit,
ohne ihn zu sehen, selbst an ihn anrennt. Zum erstenmal scheint
er bei dieser rencontre betroffen, gibt sehr klein zu, und schmeichelt
Herrn Cetsch nach Kräften, nennt ihn seinen alten Freund,
und erkundigt sich auch sehr angelegentlich nach dem Befinden
seiner lieben Gemahlin, Mistriss Cetsch.
Der Henker aber macht ihm schnell begreiflich,
daß jetzt alle Freundschaft ein Ende haben müsse,
und hält ihm vor, welch' ein schlechter Mann er sei, so
viel Menschen und selbst sein Weib und Kind getötet zu
haben,
»Was die letzteren betrifft, so waren sie
mein Eigentum«, verteidigt sich Punch, »und jedem
muß es überlassen bleiben, wie er dies am besten
zu nutzen glaubt.« »Und warum tötetet
Ihr den armen Doktor, der Euch zu Hilfe kam?« »Nur
in Selbstverteidigung, wertester Herr Cetsch, denn er wollte
mich auch umbringen.« »Wieso?«
»Er offerierte mir von seiner Medizin.«
Doch alle Ausflüchte helfen nichts. Drei
bis vier Knechte springen hervor, und binden Punch, den Cetsch
ins Gefängnis abführt.
Wir sehen ihn im nächsten Auftritt im
Hintergrunde der Bühne aus einem eisernen Gitter den Kopf
vorstrecken, und sich die lange Nase an den Eisenstangen reiben.
Er ist sehr entrüstet und verdrießlich, singt sich
aber doch nach seiner Manier ein Liedchen, um die Zeit zu vertreiben.
Mr. Cetsch tritt auf, und schlägt mit seinen Gehilfen vor
dem Gefängnisse einen Galgen auf. Punch wird kläglich,
fühlt aber statt der Reue, doch nur eine Anwandelung großer
Liebe und Sehnsucht nach seiner Polly; er ermannt sich indes bald
wieder, und macht sogar verschiedene bonmots über den hübschen
Galgen, den er mit einem Baume vergleicht, den man wahrscheinlich
zum bessern Prospekt für ihn hierhergepflanzt habe. »Wie
schön wird er erst werden«, ruft er aus, »wenn
er Blätter und Früchte bekommt!« Einige Männer
bringen jetzt einen Sarg, den sie an den Fuß des Galgens
hinstellen.
»Nun, was soll das vorstellen?« fragt
Punch, »aha, das ist ohne Zweifel der Korb, um die Früchte
hineinzutun.«
Cetsch kehrt währenddem zurück, und
indem er Punch grüßt und die Tür aufschließt,
sagt er höflich es sei nun alles bereit, Punch könne
kommen, wenn es ihm beliebe. Man kann denken, daß dieser
nicht sehr empressiert ist, der Einladung zu folgen. Nach mehrerem
Hin- und Herreden ruft Cetsch endlich ungeduldig: »Es
hilft nun weiter nichts, Ihr müßt heraus und gehangen
werden.«
PUNCH: »Oh, Ihr werdet nicht so grausam
sein?«
CETSCH: »Warum wart Ihr so grausam, Weib
und Kind umzubringen?«
PUNCH: »Aber ist das ein Grund, daß
Ihr auch grausam sein, und mich auch umbringen müßt?«
Cetsch bedient sich keiner weitern Gründe,
als der des Stärkeren, und zieht Punch bei den Haaren heraus,
der um Gnade fleht, und Besserung verspricht.
»Nun, lieber Punch« sagt Cetsch kaltblütig,
»habt bloß die Güte, Euern Kopf in diese Schlinge
zu stecken, und alles wird schnell zu Ende sein.« Punch
stellt sich ungeschickt an, und kommt immer auf die unrechte
Weise in die Schlinge. »Mein Gott, wie ungeschickt Ihr
seid«, ruft Cetsch, »so müßt Ihr den
Kopf hineinstecken« (es ihm vormachend). »So, und
zuziehen«, schreit Punch, der den unvorsichtigen Henker
schnell festhält, mit aller Gewalt zuschnürt, und
mit großer Eile selbst am Galgen aufhängt, worauf
er sich hinter die Mauer versteckt.
Zwei Leute kommen, den Toten abzunehmen, legen
ihn, in der Meinung, es sei der Delinquent, in den Sarg, und
tragen ihn fort, während Punch ins Fäustchen lacht
und lustig forttanzt.
Doch der schwerste Kampf steht ihm noch bevor,
denn der Teufel selbst in propria persona kommt nun, um ihn zu
holen. Vergebens macht ihm Punch die scharfsinnige Bemerkung:
er sei doch ein sehr dummer Teufel, seinen besten Freund auf Erden
von dort wegholen zu wollen; der Teufel nimmt keine raison an,
und streckt seine langen Krallen greulich nach ihm aus. Er scheint
schon im Begriff, augenblicklich mit ihm abzufahren, wie mit weiland
Faust, aber Punch läßt sich nicht so leicht verblüffen!
Herzhaft ergreift er seinen mörderischen Prügel und
wehrt sich, selbst gegen den Teufel, seiner Haut. Ein fürchterlicher
Kampf beginnt, und wer hätte es für möglich
gehalten! Punch, mehrmals seinem Ende nahe, bleibt endlich glücklich
Sieger, spießt den schwarzen Teufel auf seinen Stock, hält
ihn hoch in die Höhe, und mit ihm jauchzend herumwirbelnd,
singt er herzlicher lachend als je:
Vivat, Punch, aus ist die Not,
Juchhe! der Teufel ist tot.
Ich überlasse Dir alle philosophischen
Betrachtungen, deren sich nicht wenige an Punchs Lebenslauf anknüpfen
lassen; interessant möchte besonders die Untersuchung sein,
wie dieses sich täglich wiederholende, beliebte Volksschauspiel
seit so vielen Jahren auf die Moralität des gemeinen Mannes
hier eingewirkt haben mag?
Zum Schluß skizziere ich am Rand für
die tragische Gerechtigkeit noch ein zweites Portrait Punchs,
wie er im Gefängnis sitzt, und der Galgen eben für
ihn herbeigebracht wird.
In meinem nächsten Briefe aber erhältst
Du alle verlangte Details über B..., welchen frommen Mann
ich heute über den interessanten Sünder Punch vergessen
habe.
Adieu für heute.