Hermann (Ludwig Heinrich)
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Der Märkische Bote, Sonntag, 8. August 2004

Von Tunesien nach Malta(Teil 10)

Es war im Herbst des Jahres 1835, Fürst Pückler schaute auf ein bewegtes Jahr in Afrika zurück: Es begann zunächst im Januar in Algerien - welche Abenteuer waren da bei den Streifzügen ins Landesinnere zu bestehen! Dann im April die Weiterreise nach Tunesien - vom Bey aufgenommen wie ein Staatsgast, dem Prunk des Bardo's mit seinem Auftritt in preußischer Generalsuniform erwidernd, die Erkundungsfahrten durchs Land, welche Zauberorte hatte er gesehen, El Dschem, Kairouan, Dougga, Karthago ...Aber war das Leben unter den europäischen Konsuln noch so angenehm, er mußte endlich weiter.
Eigentlich sollte es nach Ägypten gehen, doch die Strapazen des Jahres verlangten dringend eine Pause. Wo war der nächste Ort mit europäischem Komfort - auf Malta natürlich, der Insel, die 200 Jahre den "Ritterorden vom Hospital des Heiligen Johannes" beherbergte, nach der sich die Johanniter- nun Malteser-Ritter nannten. Er war doch selbst Rechtsritter dieses exklusiven Ordens, da lag es nahe, das Ordensland mit seinem Besuch zu beehren.

Nun ja, die Ordensritter waren schon 1798 von Napoleon vertrieben worden, aber seit 1814 war die Insel englische Kolonie, und das versprach wenigstens gutes Quartier und gutes Essen, dazu das ausgesprochen milde Klima - alles beste Voraussetzungen, um sich auf den nächsten Afrika - Trip vorzubereiten.

Abschied aus Tunis

Der Tag läßt sich nicht mehr genau feststellen, es muß so um den 20. Oktober 1835 gewesen sein, als Fürst Pückler mit Sack und Pack in die Goletta zog (heute: La Goulette, Hafen-Vorstadt von Tunis). Mehrere Konsuln gaben ihm zum Abschied das Geleit. Doch welche Überraschung - der Bey von Tunis hatte eine "kleine Erfrischung" geschickt: "Diese orientalische Galanterie nahm ein ganzes Transportboot ein, und bestand aus folgenden Gegenständen: 4 Ochsen, 20 Schafe, 100 Hühner, 6 Bockshäute voll feinen Öls, 4 Fässer Butter, 500 Eier, 300 weiße Brote, 2 Zentner Zucker, 1 Zentner Mokkakaffee, 2 Zentner Reis, mehrere Wagenlasten Gemüse aller Art, 2 große Körbe voll Weintrauben, 100 Melonen, 100 große Wassermelonen, sechs Kisten aller Arten Konfitüren des Harems." Was sollte nur damit werden? Auf gar keinem Fall durfte irgend etwas zurückgelassen werden, das hätte gegen alle Etikette und Höflichkeit verstoßen. Doch Pückler wäre nicht der weltgewandte Fürst, natürlich wußte er sofort eine Lösung. Er gab als wahrhafter Grandseigneur das großzügige Geschenk einfach weiter an die Mannschaft des belgischen Schiffes, damit war bestens die Überfahrt abgegolten.

Quarantäne in Valetta

Malta und Tunesien trennen an der engsten Stelle nur 290 Kilometer, der Seeweg zwischen den beiden Hauptstädten beträgt rund 400 Kilometer. Nach anfänglicher Flaute ging die Überfahrt flott voran, nur die Landung wurde kompliziert. "Lange schon sahen wir das reich bebaute Gozo und später Malta vor uns, ohne es erreichen zu können, da uns der Wind noch immer heftig entgegenblies, und als wir zuletzt im kleinen Quarantänehafen einliefen, waren wir noch nahe dran, an den Uferfelsen zu scheitern. Obgleich wir nur einen kleinen Teil der Stadt sahen, frappierte uns doch der Anblick europäischer Ordnung, glänzender Paläste in unserem Stil und der kühnen Festungswerke der Johanniter - Ritter, welche die Engländer in vortrefflichem Stand erhalten." Wie sehr er in Europa angekommen war, erfuhr der Fürst sogleich, er mußte trotz mehrerer Empfehlungsbriefe in Quarantäne, denn in Europa wütete eine Cholera-Epidemie.

Südöstlicher Bildersaal

Der Quarantäne-Inspektor hatte die "Artigkeit", sein eigenes Quartier dem Fürst zu überlassen, "wo es mir weder an einem guten Bett und Feuer, noch an hinlänglichen Tischen fehlte, meine Siebensachen darauf behaglich auszubreiten. Von keinem gesellschaftlichen Zwange gehindert, konnte ich ganz nach meinem Geschmack leben, d.h. Tag in Nacht und Nacht in Tag verwandeln." Die etwa vierwöchige Quarantäne nutzte Fürst Pückler, um "beim hellelodernden Kaminfeuer, mit vier dicken Wachskerzen und eine Bowle Negus vor mir auf dem Tisch, den ersten Teil" des Buches "Südöstlicher Bildersaal" zu verfassen. Das Buch, dem auch unsere Zitate leicht gekürzt entnommen sind, umfaßt drei Bände und erschien 1840/41.
Hier in der Quarantäne feierte der Fürst ohne großen Aufhebens am 30. Oktober auch seinen 50. Geburtstag.

Im hôtel Clarence

"Zur ersten Benutzung meiner Freiheit machte ich eine Promenade auf dem Meer. Ich befuhr den ganzen Quarantänehafen, betrachtete die zahlreichen Schiffe, erfreute mich der Nettigkeit der Kai's, der schönen mit Calessinen und Reitern belebten Straße. Dann ließ ich in den großen Hafen zurudern, dessen erster Anblick ohne Zweifel einer der grandiosesten im Mittelmeer ist. Das tiefe und breite Bett wird rings von imposanten Forts und einzelnen prachtvollen Palästen eingefaßt. Am Zollhaus landete ich, stieg die mehreren hundert Stufen breiter Treppen hinauf, überrascht von dem stattlichen Anblick palaisartiger Häuser. Besonders zeichnen sich die sogenannten Alberghi der ehemaligen Ritter aus, von denen viele selbst in Rom und Florenz als eine Zierde der Stadt angesehen wurden." Fürst Pückler zog in das Clarence - Hotel ein, wir aber müssen hier unseren Weltenbummler verlassen. Seine Berichte über Bauten und Gärten, üppige Dinners und schöne Frauen, über Ausflüge in das Landesinnere und zur Insel Gozo bleiben weiteren Folgen dieser Serie vorbehalten.
Siegfried Kohlschmidt

 

Quelle: www.cga-verlag.de/lul4_pueckler.htm

http://www.fuerstpueckler.de
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