Hermann (Ludwig Heinrich)
Fürst von Pückler-Muskau

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Das Vermächtnis des grünen Fürsten
21. August 2002, 02:07, Neue Zürcher Zeitung
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21. August 2002, 02:07, Neue Zürcher Zeitung

Das Vermächtnis des grünen Fürsten

Der Park in Bad Muskau als deutsch-polnisches Denkmal

Zwischen 1815 und 1845 machte Fürst Hermann von Pückler-Muskau seinen Grundbesitz an der Neisse zu einem der schönsten Landschaftsparks in Europa. Heute läuft die deutsch-polnische Grenze durch dessen Mitte. Dank enger Kooperation der Denkmalpfleger auf beiden Seiten gewinnt der Park zusehends seine ursprüngliche Gestalt zurück; nun wird seine Aufnahme in die Liste des Unesco-Weltkulturerbes beantragt.


Eine geistreiche Dame - so schreibt Fürst Pückler in seinen «Andeutungen über Landschaftsgärtnerei» (1834) - habe über den Muskauer Park gesagt, dass sie sich zwar «mancher pittoreskeren, grandioseren Gegend erinnere als der hiesigen, etwas aber, was ihr immer von neuem wohltuend eben hier auffalle, sei die imposante Ruhe, die in dem Ganzen herrsche». Der grosse Eindruck war hart erkämpft; um ihn zu schaffen, hatte der Fürst - als Landschaftskünstler ein begnadeter Autodidakt - Abertausende von Talern investiert. Ein früher Versuch zur finanziellen Sanierung des Projekts war an der gesunden Vorsicht des englischen Adels gescheitert: Pückler hatte sich 1826 pro forma von seiner Gattin Lucie scheiden lassen, um auf der fernen Insel als Mitgiftjäger sein Heil zu suchen. Zwar halfen ihm die «Briefe eines Verstorbenen» - der offenherzige Bestseller, den er über die Reise schrieb -, Muskau zunächst zu halten. Aber 1845 musste er es endgültig verkaufen. Die Nachbesitzer ergänzten und pflegten die Anlagen, bis eine der letzten Kampflinien des Zweiten Weltkriegs den noblen Entwurf idealer Natur in ein Trümmerfeld voller Schützengräben, gesprengter Brücken und zersplitterter Bäume verwandelte.Freier Blick
Bei der Internationalen Bauausstellung Fürst- Pückler-Land, die von 2000 bis 2010 in der Lausitz stattfindet (www.iba-see.de), spielt der Muskauer Park eine Hauptrolle: Er soll als Inspirationsquelle für die Rekultivierung der vom Braunkohlenbergbau gezeichneten Region dienen. Was genau aber kann man heute von Pückler lernen? Zum Beispiel den Grundsatz, beim Verfolgen eines gestalterischen Leitgedankens nie einen einmal begangenen Fehler unkorrigiert zu lassen. Eine der Hauptideen für Muskau war die der Aufgliederung eines weiträumigen Gesamtbildes in zahlreiche harmonisch kontrastierende Teilansichten. Obwohl der Fürst sich auf den Landschaftsgärtner Humphry Repton (1752-1818) bezog und auch einen älteren Park wie Stourhead in Wiltshire bewunderte, fand er englische Parks insgesamt zu monoton und zu voll von Tempeln. An der Neisse schuf er unter Bevorzugung heimischer Bäume und Sträucher unverwechselbare Vistas; Licht, Schatten und Farbigkeit bezeugen dabei seinen grossen künstlerischen Atem.Heute liegen 370 Hektaren des Parks in Polen, rund 200 Hektaren sowie die Hauptgebäude einschliesslich der 1994 restaurierten und vielleicht von Gottfried Semper mitgeplanten Orangerie auf deutschem Gebiet. Will man von hüben nach drüben gelangen, muss man den Park verlassen und gelangt erst mitten durch den grössten aller polnischen Grenzmärkte wieder hinein. 2003 allerdings soll die bereits begonnene Wiederherstellung der kriegszerstörten Doppelbrücke in der Parkmitte vollendet sein, so dass dieser Umweg dann entfällt. Für die Gesamtwirkung der Anlagen ist der symbolträchtige Brückenschlag aber nicht das Entscheidendste. Wichtiger bleibt die schon weit vorangekommene Freilegung der Blickachsen, die Pückler unter Ausnutzung natürlicher Flussterrassen über die Neisse hinweg anlegen liess. Diese für sein ästhetisches Konzept grundlegenden Sichtbezüge waren bis 1988, als die Kooperation der deutschen und polnischen Denkmalpfleger begann, durch Wildwuchs und Aufforstungen fast ganz verloren gegangen.Neue Horizonte
Der polnische Parkteil wird vom Warschauer Zentrum zum Schutz der historischen Landschaft betreut, der deutsche - schon zu DDR-Zeiten konservatorisch stets gepflegt - von der 1993 gegründeten Stiftung Fürst-Pückler-Park Bad Muskau, einer Einrichtung des Freistaates Sachsen. Die Zusammenarbeit beider Seiten hat Modellcharakter: Seit 1998 zum Beispiel wird ein guter Teil der Restaurierungsarbeiten im Park gemeinsam von deutschen und polnischen Jugendlichen geleistet, die im Rahmen einer zweistaatlichen Arbeitsbeschaffungsmassnahme hier Grundlagen der Landschaftsgärtnerei erlernen. Obwohl allein schon der verwaltungstechnische Aufwand bei diesem Pilotprojekt enorm war, blickt man in Muskau noch weiter nach vorn: Unter dem bereits im 19. Jahrhundert geläufigen Namen «Muskauer Schule» soll hier ab 2003 stufenweise eine internationale, europaweit einzigartige Ausbildungsstätte für die praktische Gartendenkmalpflege - also in erster Linie für Gärtner - eingerichtet werden.Zunehmend wird auch das touristische Potenzial des Parks entwickelt. Die Spazierwege auf der deutschen wie der polnischen Seite locken schon jetzt, und in diesem Herbst wird ein Fahrradweg zwischen Muskau und Pücklers zweitem Landschaftsgarten in Branitz bei Cottbus eröffnet. Allerdings: Das Erscheinungsbild des 4000 Einwohner zählenden Ortes Bad Muskau, der mitten im dortigen Park liegt und dessen Infrastruktur derzeit stark durch die Bedürfnisse der Grenzmarktbesucher geprägt ist, bleibt ein Problem. In den nächsten Jahren soll hier ein Kurbetrieb mit 3000 neuen Hotel- und Klinikbetten aufgebaut werden. Wenn das architektonisch gut gehen soll, braucht es mehr als Pragmatismus: Es müssen baukünstlerische Lösungen von Weltrang gefunden werden. Mit Pückler gesprochen: «In hohem Grade wichtig ist es, dass Gebäude immer im Charakter der Landschaft erscheinen, mit der sie verwebt sind.» Da wird man weiter Horizonte bedürfen. Es ist zu hoffen, dass nicht zuletzt die Unesco helfen wird, diese zu sichern.Ursula Seibold-BultmannBis zum 22. September wird im Neuen Schloss in Bad Muskau die Ausstellung «Das gemeinsame Kulturerbe» gezeigt, welche die deutsch-polnische Zusammenarbeit in der Denkmalpflege vorstellt. Katalog: 315 S., Euro 18.- (ISBN 38-86902-64-7).
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