Hermann (Ludwig Heinrich)
Fürst von Pückler-Muskau

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Hermann Fürst von Pückler

Autor: Thomas Thiele
Datum Sommer 1999
Veroeffentlichung: 01/2001
Benotung: 2
Kategorie: Hausarbeit

Schriftlicher Abschlussbeleg im Fach Kunst

Thema: Lebensgeschichte des Künstlers Hermann Fürst von Pückler

Hermann Fürst von Pückler

Vorwort

Er gehört zu den schillerndsten deutschen Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts.
Wie kaum eine andere Persönlichkeit erregte Hermann Ludwig Heinrich Graf von Pückler,
seit 1822 Fürst von Pückler - Muskau, die Aufmerksamkeit seiner Zeitgenossen.
Schon zu seinen Lebzeiten werden zahlreiche Biographien, Artikel und Feuilletons sowie
Rezensionen über seine Person und sein künstlerisches Schaffen als Schriftsteller, Garten
und Landschaftsgestalter, als Reisender der Gesellschaft verfaßt.
Superlativ sind die ihm zugedachten Eigenschaften von Freunden sowie von seinen
Feinden. Genial, offen, tolerant, feinsinnig, liebenswürdig, liberal sagen die einen, eitel,
exzentrisch, affektiert, hochmütig, oberflächlich, abenteuerlich und verschwenderisch
sagen die anderen.

Hermann Fürst von Pückler - Muskau

Der Garten - Künstler

Nach dem Tode des Vaters im Jahre 1811 trat er als Standesherr von Muskau und Erbherr
von Branitz das große Lausitzer Erbe an und begann, den Park in Bad Muskau meisterlich zu
gestalten.
,,Ich habe vor einigen Jahren den Park gesehen und war besonders fasziniert von den alten
herrlichen Bäumen, allerdings ließ der Zustand des Parkes damals eine sorgfältige Pflege
vermissen".
30 Jahre lang arbeite er an diesem Park - Kunstwerk, dann zog er mit seiner Frau Lucie
nach Branitz bei Cottbus.
Im Jahre 1841, inzwischen 61 Jahre alt, beginnt er sein zweites Gartenkunstwerk. Die
Erfahrungen, die er in Muskau gesammelt hatte und die vielen Reiseeindrücke verschmolz er
zu einem Natur - Kunstwerk.
Er errichtete Hügel und Wasserläufe und baute eine Sand und eine Wasserpyramide als
Reminiszens an seine Ägypten reise.
Auch im Schloß gibt es orientalische Räume zu bewundern. In der Wasserpyramide hat der
Fürst seine letzte Ruhe mit seiner Frau gefunden
Die Landpyramide krönt ein kunstvolles Gitter mit der Inschrift:
"Gräber sind die Bergspitzen einer fernen Neuen Welt".

Jetzt sorgt eine Stiftung dafür, daß die Parkanlagen gepflegt
werden, sie sorgt außerdem dafür, daß das schriftstellerische
Werk nicht in Vergessenheit gerät "Stiftung Fürst-
Pückler-Museum Park und Schloß Branitz"

Pücklers Lebensstationen

30. 10. 1785 Geboren im Schloss zu Muskau

Die Mutter: Klementine, des Grafen Hermann von Callenberg Tochter
Der Vater: Erdmann Graf von Pückler - Branitz

1794 - 1804 Wechselhafte Schul - sowie Ausbildung: Internatsschule der Herrenhuter
Brüdergemeinde in Uhyst / Spree, Pädagogium in Halle, Stadtschule Dessau,
abgebrochenes Jurastudium an der Leipziger Universität und kurzer Militärdienst im Garde
du Corps in Dresden, zwischenzeitliche Aufenthalte in Muskau

1807 - 1810 Machte umfangreiche Reisen und Wanderungen: Ulm, Wien, München,
Konstanz, Luzern, Mailand, Bern Genf, Lyon, Avignon, Arles, Marseille, Genua, Rom, Neapel,
Venedig, Turin, Straßburg, und Paris; ein Teil der Tagebuchaufzeichnungen dieser Jahre
erschienen 1835 unter dem Titel Jugendwanderungen

1810 und 1812 Pückler bei Goethe in Weimar, Gespräch über Landschaftsgärtnerei, der
Dichterfürst urteilte:

,,Verfolgen Sie die Richtung. Sie scheinen Talent dafür zu haben. Die
Natur ist das dankbarste, wenn auch unergründlichste Studium, denn sie
macht den Menschen glücklich, der es sein will".

1811 - 1815 Nach dem Tod des Vaters tritt er als Standesherr an, erste Pläne zur
Umgestaltung der Muskauer Landschaft, Teilnahme am antinapoleonischen Befreiungskampf
als Generaladjutant des Weimarischen Großherzoges, Militärgouverneur in Brügge, im
Anschluss erste Englandreise zum Studium der englischen Landschaftsgärten

01. 05. 1815 Aufruf an die Bürgerschaft von Muskau; Pückler verkündete seine Parkpläne
und erwartete von den Muskauern weitgehende Unterstützung Landerwerb für den Park,
der später auf ca. 770 ha bemessen wurde

1815 - 1822 Häufige Aufenhalte in Berlin, Pückler verkehrte bei Hofe ebenso wie in den
Berliner Salons, aufsehenerregende Taten, Fahrt mit dem Luftschiffer Reichard im Ballon,
Kutschfahrten mit vier Hirschen, Pferderennen, Reiterkunststücke, aber auch Auftritte als
Sänger und Schauspieler, gelegentlich Hazardspieler

12. 07. 1817 Heirat mit Lucie von Pappenheim, Tochter des preußischen Staatskanzlers
Fürst Hardenberg, Hochzeitsreise nach Paris, aus der reinen Konvenienzehe entstand durch
die gemeinsame Arbeit am Muskauer Park eine gegenseitig tiefe Zuneigung

1818 Teilnahme am Aachener Kongreß, Bekanntschaft mit Kaiser, Königen, Fürsten und
den Damen der ersten Gesellschaft, Bemühungen um eine Diplomaten - Luftbahn

Um 1820 Konzentrierte Arbeiten am Muskauer Park, bei den Gartenanlagen beriet Pückler
sich mit dem englischen Gärtner Repton, bei den Bauten mit dem Berliner Architekten Karl
Friedrich Schinkel, der mehrfach Entwürfe für den geplanten Schloßumbau lieferte

10. 06. 1822 Erhebung in den Fürstenstand, Hauptgrund war Entschädigung für verlorene
Rechte beim Übergang Muskaus von Sachsen an Preußen nach dem Wiener Frieden von
1815

29. 06. 1823 Eröffnung des Hermannsbades in Muskau, durch wirtschaftliche
Unternehmungen versuchte Fürst Pückler die Muskauer Ertragslage zu verbessern, so
gründete er eine Glashütte, verstärkte den Alaunabbau und die Eisenproduktion und
intensivierte die Waldwirtschaft

20. 03. 1826 Der Preußische König unterzeichnete die Scheidung Pücklers, der von der
Fürsten Lucie ersonnene Plan - Scheidung und neue Heirat, sollte die stark belasteten
Muskauer Besitzungen retten, an eine wirkliche Trennung dachten beide nicht

07. 09. 1826 Das Fürstenpaar nahm in Bautzen Abschied, Pückler brach zu seiner 2.
Englandreise auf, die vor allem eine reiche Braut bringen sollte, Zwischenstation in Weimar
mit Goethebesuch

September 1826 Aufenthalt in England, Wales, Irland, Fürst Pückler war Teilnehmer und
Beobachter des englischen Gesellschaftsleben, der Hof, die Aristokratie und die
Geistlichkeit interessierten ihn ebenso wie Theater und Mode, Pferderennen, Berkwerke und
Gefängnisse oder das bunte Volksleben auf Märkten und in Schenken.

In Irland besuchte er den Nationalhelden Daniel O` Connell. Seine besondere
Aufmerksamkeit galt zahlreichen berühmten Parkanlagen. Seine Eindrücke und
Erlebnisse teilte er in Umfangreichen Briefen an die Fürsten Lucie mit, die
gemeinsam mit Varnhagen van Ense den literarischen Wert dieser Briefe
erkannte. Brachte die Englandreise auch keine reiche Surrogatfrau, so
begründete sie doch den Ruhm Pücklers als Schriftsteller.

1830 Die ersten beiden Bände der Briefe eines Verstorbenen erschienen in Pücklers ersten
Buchtitel, schon 1836 kam die dritte Auflage heraus, Übersetzung ins Englische,
Französische, Holländische und Schwedische; an dem Buch schieden sich die Geister der
Zeit, es rief euphorische Begeisterung und heftige Ablehnung hervor, zu den Freunden
gehörten Goethe, Varnhagen van Ense und Heinrich Heine, zu den Gegnern Ludwig Börne
und Georg Herwergh

1834 Pücklers Andeutungen über Landschaftsgärtnerei erschienen, zu einem Textband
gehörte ein Bilderatlas mit prächtig kolorierten Lithographien; das Werk ist bis heute ein
Klassiker der Gartenliteratur, im gleichen Jahr erschien auch Tutti Frutti, Pücklers
feuilletonistisches Werk über preußische Zustände

Juni 1834 bis
September 1840 große Orientreise, Stationen u.a. Paris, Toulon, die Pyrenäen, Algerien,
Tunesien, Malta, Griechenland, Kreta, Ägypten mit Reise bis Südlich Karthums, das heilige
Land, Syrien und die Türkei, Rückkehr über Schwarzes Meer und Donau mit dem Schiff bis
Budapest, weiter mit der Kutsche über Wien nach Muskau. Die Orientreise brachte reiche
literarische Ernte

27. 10. 1840 Tod von Machuba, in Ägypten 1837 auf dem Sklavenmarkt gekauft, im
Spannungsfeld Pflegetochter, Dienerin, Geliebte entwickelte Fürst Pückler ein tiefes Gefühl
für Machbuba, brachte sie gegen heftigsten Widerstand der Fürstin Lucie mit nach Muskau,
den Schmerz über den frühen Tod von Machbuba konnte Fürst Pückler lange Jahre nicht
überwinden

1842 Fürst Pückler begann mit seinem Entwurfsarbeiten für den Park um das Schloß
Babelsberg, dem Sitz des Prinzen von Preußen, des späteren Kaisers Wilhelm I., die
Arbeiten gehen bis weit in die 50er Jahre

1845 Verkauf von Muskau, das durch Kreditnahme des Callenberger Großvaters stark
belastet war, ein aufwendiger Lebensstil, enorme Ausgaben für den Park und die
aufzubringenden Zinsen ließen nur noch diesen Schritt zu, die Lasten betrugen 500 000
Taler , Muskau kam in den Besitz des Prinzen Friedrich der Niederlande

1846 Beginn der Anlage des Branitzer Parks, besonders der Beharrlichkeit der
Fürstin Lucie ist die neue Gartenromance zu danken, der Fürst wurde wieder auf die
Parkomanie gepackt, der Architekt Gottfried Semper wurde zur Beratung nach
Branitz gebeten, der innere Park wurde in mehreren Bauabschnitten auf rund 100
Hektar geplant, Fertigstellung erst um 1888 durch den Erben Graf Pückler

1851 Dritte Englandreise, über Hannover nach London zur 1. Weltausstellung

1852 Die Branitzer Arbeiten an Park und Schloss waren zu einem ersten Abschluss
gekommen und ermöglichten die Übersiedlung der Fürstin Lucie nach Branitz

1852 - 1868 Zahlreiche Reisen und Ausflüge zu vielen Orten in Deutschland, in die
Schweiz, nach Österreich, Italien und Frankreich, darunter auch mehrere Bade und
Kurreisen, 1861 Teilnahme an den Krönungs feierlichkeiten in Königsberg; auf den Reisen
häufig Konsulationen zur Gartenkunst in Theorie und Praxis

1854 Reise nach Paris, am Bois de Boulogne Gestaltungsarbeiten mit Napoleon III.,Besuch
bei Heinrich Heine

08. 05. 1854 Fürstin Lucie verstorben, Beisetzung auf dem Branitzer Dorffriedhof,
Umbettung 1884 in die Pyramide

1856 Im neuangelegten Westteil des Branitzer Parkes ließ Fürst Pückler einen Tumulus,
eine im See gelegene Pyramide, als Grabstätte für sich selbst erbauen, 1862 eine zweite
Pyramide in Stutenform, weitere Arbeiten an der Ausgestaltung des Branitzer Parkes 1870

04. 02. 1871 Tod des Fürsten Pückler, Beisetzung am 09. 02. Im Tumulus, Erbin des
Privatvermögens wurde seine Nichte Marie von Pachelbl, Erbe der Majoratsherrschaft und
damit des BranitzerParkes wurde sein Vetter Graf Heinrich von Pückler

Schloßpark und Schloß Branitz

Der durch das gleichnamige Eis bekannt gewordene Fürst Hermann Ludwig
Heinrich von Pückler - Muskau ist der Schöpfer dieses einmaligen Schloßparkes, des letzten
großen deutschen Landschaftsgartens des 19. Jh.

Der Fürst selbst pflegte einen sehr verschwenderischen Lebensstil. u.a. unternahm er
ausgedehnte Reisen durch ganz Europa, Afrika und Asien und mußte deshalb aus
finanziellen Gründen seinen Sitz in Muskau verkaufen.
Im Jahre 1846 ging er nach Branitz, dessen karge Landschaft er anfangs verschmähte.
Doch sein Ehrgeiz und sein angeborenes gärtnerisches Talent ließen ihn gerade hier einen
meisterhaften Landschaftspark gestalten, der heute wahrhaft sehenswert ist. Die
komplette Umgestaltung eines vollkommen ebenen Geländes in eine einzigartige
Parklandschaft mit künstlichen Hügeln, Teichen und Seen zeugt vom Ideenreichtum und
den künstlerischen Fähigkeiten Pücklers.
Er ließ etwa 100 000 Kubikmeter Erde bewegen, um seinen Park zu ,,formen". Außerdem
gelang ihm ein Kunststück, mehrere jahrhundert alte Bäume zu verpflanzen. Er hatte recht
ungewöhnliche Gestaltungsideen, die er in der Tat umsetzen konnte. So entstanden im
Park eine Erd- und eine Seepyramide, die auch Tumulus genannt wird. Es ist gleichzeitig
die Begräbnisstätte Pücklers und seiner Frau Lucie.

Fast märchenhaft fügt sich das Schloss in den wunderschönen Park ein. Das ehemalige
Gutshaus im Barockstil erhielt um 1850 nach Bauplänen von keinem geringeren als Gottfried
Semper ein neues Gesicht. In den Schloss-
raümen ist heute das Fürst Pückler Museum untergebracht, das den Lebensweg des
ruhelosen Lebemannes, Landschaftsgestalter und Schriftstellers aufzeigt. Die
Innenausstattung ist sehr interessant, da sie von Pückler selbst entworfen wurden, wie z.
B. die drei orientalischen Räume, von seinen zahlreichen Reisen geprägt ist.

Der Weg nach Branitz

Seine Zeitgenossen zweifelten, ob Pückler klug gehandelt hat, Branitz in Besitz zu nehmen.

Ein guter Geschäftsmann war er nie gewesen und es kann durchaus sein, daß er beim
Verkauf von Muskau (etwa achtmal so groß wie Branitz) gehörig übers Ohr gehauen wurde.
Die Kaufsumme betrug 1 700 000 Taler, aber er mußte das schlesische Rittergut Waldstein bei
Glatz in Zahlung nehmen. Zu einem überhöhten Preis, wie sich bei der Besichtigung des Anwesens
herausstellt. Das Schloss lag auf halber Höhe eines unwirtlich bergigen Geländes, hatte
kein Wasser, und die umgebenen Wälder hat der Vorbesitzer auch noch rasch abholzen
lassen. Der Schaden betrug an die 100 000 Taler. Waldstein ließ sich trotzdem verkaufen,
obwohl bei der Masse Schulden nicht allzu viel übrig blieb, wie Pückler klagte. Aber er war
jedoch schuldenfrei und behält Branitz und damit eine Art von Vermögen, wenn man mit
Gut und Besitz umzugehen weiß.

Die drei Bände seines letzten Buches erschienen zwischen 1846 und 1848 (,,Rückkehr").
Die Lust an der Schriftstellerei hatte Pückler jetzt schon lange verloren. ,,Wäre ich nur das
Schriftstellern los", lautet sein Stoßseufzer bereits 1839, eine infame Passion, das mich auf
der einen Seite festhält, und auf der anderen degoutiert". Tatsächlich legt Pückler nach
seinem Eintreffen in Branitz die Feder so gut wie nieder, und das unförmige Kopiergerät
wird in Zukunft nur noch für die anfallenden Briefe genutzt.
Statt dessen beginnt er den Unglaublichen Park aufzubauen.
Dazu ist Branitz eigentlich die ungeeignetste Gegend, wie ein ausgesprochener Kenner
bezeugt, Gottfried Semper. Pückler hatte ihn 1841 in Dresden kennengelernt, wo er auch
überraschend auf seine da schon 71jährige Mutter gestoßen war. Sempers Pläne für eine
architektonisch gewagte Verbindung zwischen Zwinger und Theater haben ihm damals sehr
imponiert, und da der alte Freund Schinkel schon seit sechs Jahren tot war, wurde jetzt
der Dresdner Baumeister nach Branitz gerufen. Er traf am 1. April 1846 dort einen und
hoffte angesichts des Datums, in den April geschickt zu sein.

Ein wüsten Anblick bot das Schloss anfangst 1772. Es wies Löcher im Dach und auch sonst
große Bauschäden auf. Das gilt ebenfalls für die Ställe und den verwahrlosten
Wirtschaftsgebäuden. Genau am Eingang des Schlosses befand sich ein großer
Dunghaufen, und das Ganze lag in einer flachen, mit mageren Obstbäumen bestandene
Gegend wie auf einem Präsentierteller. Die kahle Ebene, die einer großen Sandwüste
ähnelte, erstreckte sich bis hin zu den Türmen des nahen Cottbus, einem Städtchen von
ca. 9000 Einwohnern.
Durchflossen wurde die öde Landschaft von der Spree, die damals noch nicht eingedeicht
war und daher die trostlose Gegend ständig überschwemmt und noch trostloser machte.
Ohne die Spree wäre es Pückler nie gelungen aus diesen Verhältnissen ein Hauptwerk
englischer Garten aus dem Boden zu stampfen.
Auf Grundwasser stieß man dort schon in 90 Zentimeter Tiefe und der abgelagerte Lehm
sah zwar so ähnlich aus wie Wüstensand, erwies sich aber als extrem fruchtbar.
Man hat behauptet, Pückler habe den Zustand des Parkes bewußt übertrieben dargestellt,
weil er zu Übertreibung geneigt war und auch wohl um seine eigene Leistung desto
glänzender hervortreten zu lassen.
Am Schloss rundete er den Südgiebel ab und gab dadurch dem Gebäude überhaupt erst so
etwas wie eine Dimension. Eine riesige Terrasse wurde hinzugefügt mit samt
weitgespannter Pergola. Aus den desolaten Gutsgebäuden wurden ein Marstall und ein
Kavaliershaus, nach Pücklers Wünschen im englischen Tudor - Stil.
Semper kann sich dieser Aufgabe bald uneingeschränkt widmen, als er wegen der
Teilnahme an der 48er Revolution aus Dresden fliehen muss. Erst 1852 ist der Umbau
abgeschlossen, für den jährlich 12-15000 Taler im Jahr ausgibt. Das ist nur ein Bruchteil
dessen was er in den neugewonnen Park steckt.
Die Innenräume wurden selbstverständlich neu eingerichtet, wobei hier ebenfalls
selbstverständlich keineswegs gespart werden durfte. Heute kann man den kostbaren
Mahagonikonzertflügel sehen, auf dem Clara Schuhmann und Felix Mendelssohn Bartboldy
Hauskonzerte gegeben haben.
Mit den ersten Arbeiten am Landschaftspark, der die Hauptsumme betrug hat Pückler
schon vor dem Eintreffen Sempers begonnen. In Cottbus sind erhalten gebliebene Skizzen,
die beweisen das das Projekt zunächst in einem kleinen Maßstab begonnen wurden und
sich rasch ausgeweitet hat. Pückler blieb ein Mann der Utopie, ganz wie später die
Dadaisten, mit denen er verglichen wurde, nur daß er danach strebt seine Utopien zu
verwirklichen.
Von seinen eigenen Hand konnten die Skizzen nicht sein, denn wir wissen von Petzold, daß
er nie Skizzen gezeichnet hatte, sondern eher improvisierend vorging. Man mußte sich das
so vorstellen, daß Pückler zunächst mit seinem Spazierstock die Wege in den Boden ritzt,
sie zwei bis dreimal überprüfte und korrigierte.
Die Wege waren am wichtigsten, ihr Verlauf nach den die vorhandenen Bäume berechnet,
bestimmt wurden.
Sie mußten große Flächen umkreisen, durften weder zu übersichtlich noch zu
unübersichtlich sein.
Für Pückler begann alles noch einmal von vorn, so auch sein mühsamer Erwerb des
erforderlichen Geländes, das einer Anzahl von Kleinbauern gehört (damals Büdner genannt).
Mit ihnen mußte er verhandeln sowie Prozesse androhen, Abfindungen zahlen und neue
Häuser bauen. Sie weigerten sich, ihren Grundbesitz abzugeben oder einzutauschen. Er
verkaufte 1857 zwar dann doch, um sich bei Pückler zu rächen, an einen Fabrikanten der
eine heftig qualmende Fabrik errichten wollte. Reinschke merkte aber zu spät, daß das
Land sofort an den Fürsten weiterverkauft wurde.
Im Gegensatz des hügligen Muskau, handelte es sich hier um eine Gegend, die flach war
wie ein Pfannkuchen.
Da es an natürlichen Erhebungen fehlte, mußten künstliche her, die durch gewaltige Erd-
und Sandbewegungen entstanden.
Das läßt sich, wenn auch nur durch einen erheblichen organisatorischen Aufwand von
Wasserläufen und kleinen Seen darstellen. Seinen Andeutungen zufolge das Herzstück
eines jeden Parks. Die Aushebungen die jeweils in der Nähe der Spree getätigt wurden,
erhielten exakt die Form, die sich Pückler als Ufer vorgestellt hatte. Ähnlich geschah es mit
der Aufschüttung der ausgehobenen Erde seiner Fabrik.

Bau des Parkes

Ausgeführt wird alles zunächst von einem Facharbeiterstamm aus Muskau, die aber bald
durch Branitzer Tagelöhner ersetzt wurden. Tätig sind jeweils bis zu 70 Arbeiter die mit den
Pflanzungen beginnen und bis zu 130 Gefangene, die ihm nach 1848 das Cottbuser
Stadtgefängnis zur Verfügung stellte. Wieder einmal war Pückler zum Hauptarbeitgeber
einer ganzen Gegend. Dabei handelte es sich um ein hartes ,,Brot". Die Arbeitszeit betrug
im Sommer 12 Stunden, im Winter ging sie von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Der Lohn
war dabei karg, für Arbeiter 1, 5 bis 2 Taler die Woche, für Gärtner bis zu 3 Taler, und die
Kosten für den Lebensunterhalt einer 4-5köpfigen Familie liegen um 1840 bei etwa 3 Taler.
Das war sehr niedrig wenn man damit die Löhne etwa der bestbezahlten Berliner
Facharbeiter, den Maschinenbauern vergleicht ( 12-13 Taler ). Aber erstens gingen die
sächsischen Wollspinner nur mit 1- 2 Talern die Woche nachhause und zweitens gelten auf
dem Lande andere Maßstäbe. Die ganze Familie schafft am Einkommen mit, und
Gelegenheit zum Nebenverdienst eines Familienmitglieds ist selten. Gemessen an der
landesüblichen bäuerlichen Wirtschaft zahlt Pückler durchaus zufriedenstellend. Er war also
hier bald ebenso beliebt wie in Muskau. Auf einen anderen Blatt stand, daß er wie man
nachgerechnet hat, für den Park 5000 Taler im Jahr, für Bauten ebensoviel und für seinen
persönlichen Haushalt gleich an die 11700 Taler ausgab.
Nach der Festlegung der Wege und dem Aushub der Seen ging es häufig gleichzeitigen
Arbeitsgängen an das Abstecken der Pflanzungen. Beim Planen der Gehölze gibt Pückler
den Gärtnern mit einem Megaphon seine Anweisungen zum setzen der Markierungsstangen.
Pückler ärgerte sich, daß er damals, als er den Muskauer Park begann eine große Anzahl
schöner Bäume von Branitz nach dorthin verpflanzt hatte.
Nun streifte Pückler durch die Gegend, auf der Suche nach geeigneten älteren Bäumen,
denn die übliche Baumschulenware ist nur bis zu einem Meter hoch. Ein bisschen eilig
scheinte er es zu haben, denn er wollte doch den neuen Park wohl doch noch in einem
einigermaßen fertigen Zustand erleben. So ließ er alte Bäume aus Dörfern holen, die 15
Kilometer und weiter entfernt waren. Zwanzig Pappeln kaufte er in Groß Lieskow, eine
Linde (für ca. 2 Taler und 5 Silbergroschen) in Radelsdorf sowie eine dreistämmige Esche in
Siewisch. Fast täglich gingen die Transporte durch Cottbus nach Branitz, sogar Robinien,
die als besonders diffizil gelten.
Einmal mußte das Cottbuser Stadttor abgedeckt werden, damit ein besonders großer Baum
passieren konnte, und die erhalten gebliebenen Kassenbücher wiesen ständig
Schadensersatzzahlungen auf für Fensterscheiben, die durch die ausladenden Äste beim
Vorbeifahren zu Bruch gegangen waren und andere Fassadenbeschädigungen.
In Cottbus selbst sah er auf dem Hof des Gasthauses ,,Zum weißen Roß" eine blühende
Kastanie, und man hielt den Fürsten wieder einmal für verrückt , als er der Wirtin den Baum
abkauft, um ihn in Branitz als Solitär wieder einzupflanzen, denn blühende Bäume lassen
sich, angeblich, auf keinen Fall verpflanzen. Mit Hilfe eines Langbaumwagens, mit einem
galgenartigen, ledergepolsterten Gerüst versehen ( damit die Rinde bei einem Transport
nicht verletzt wird ), wurde die Kastanie in blühendem Zustand nach Branitz transportiert
und dort ohne Störung eingegraben. Man ließ auf der großen Rasenfläche viele Fuhren
guter Erde, vermengt mit fettem Lehm ausbreiten und setzte den Baum fast ohne ein Loch
auszuheben ein. Dabei schützt zusätzlich eine hoch aufgerichtete Leinwand den riesigen
Pflänzling vor dörrender Sonnenbestrahlung. Die Kastanie wuchs an, wie fast alle
angekauften Bäume, die mit den zweirädrigen Pflanzkarren zu den vorbereiteten Gruben
gefahren und in sie eingesenkt wurden. An Sach- und Fachkenntnis fehlte es Pückler nicht
und selbst erfahrenen Berufsgärtnern sah er nicht nach, im Gegenteil, ihm gelangen
Experimente, die anderen als von vornherein unmöglich erschienen, denn es wirkten sich
nicht zuletzt die in England reichlich gezahlten Bestechungsgelder aus. Sowie auch die
komplizierten Techniken des Rigolens und des Faschinenbaus, die bei der Herrichtung der
sumpfigen Wiesen, andererseits der unfruchtbaren Sandäcker notwendig werden,
beherrscht er mittlerweile meisterhaft. Sie sind von ihm sogar höchst erfinderisch
abgewandelt und verbessert worden. So wuchs bis 1854 die erste Bauetappe, mit dem
Schloß im Zentrum der Anlage. Es kennzeichnete im übrigen Pücklers Auffassung eines
Landschaftsparkes, daß er sich nicht strikt auf diesen beschränkt. Einzelne Baumgruppen
werden von ihm auch außerhalb angepflanzt, kleine Gehölze wirken wie eine Introduktion,
ein sanfter Übergang vom Kultur- zum Kunstland: ,,In Branitz wirkte Pückler wie ein - nicht
unheilbringender - sondern wohltuend sanfter Orkan". Denn das er sich leidenschaftlich
engagiert und ungeheuer tätig wird, bedeutet nicht, daß er nun auch seßhaft bleibt. Er
reiste viel, beriet auch unterwegs bei ähnlichen Projekten. Spuren seiner Tätigkeiten finden
sich unter anderem in Wilhelmsthal bei Eisenach, Altenstein bei Liebenstein, Koblenz und
Sagan.
Aber auch in Branitz wechseln saure Wochen mit frohen Festen, indem illustre Gäste
erscheinen.

Im Jahre 1848 erlebt Pückler in Berlin die Märzrevolution. Er mußte in einem tiefen
Zwiespalt mit sich selbst gelegen haben. Es war keine Frage, daß er mit dem Herzen auf
Seiten der Revolutionäre war.
Varnhagen sagte, Pückler wäre nicht als Graf geboren und zum Fürsten erhoben, ,,ein
linker geworden". Die Wahl in die Frankfurter Nationalversammlung lehnte er ab, aus Treue
und Freundschaft zum Prinzen Karl.
Im übrigen ist Politik nicht seine Leidenschaft, er hatte sich zeitlebens wenig um sie
gekümmert. Genug um die Ohren hatte er auch so.

So reiste er im Jahre 1848 nach Hamburg, Potsdam, Berlin, Köln, Frankfurt, Bamberg, Fürth,
Regensburg, Passau, Linz und Wien, wo er wieder mal eine Bekanntschaft macht mit einer
hübschen und interessanten ungarischen Baronesse. Lucie hatte aus Angst, die Berliner
Unruhen könnten auch auf die Lausitz übergreifen, das Schloß verlassen und ist nach
Dresden geflüchtet. Ende des Jahres kehrten beide ins friedlich gebliebene Branitz zurück
und holen am 5. November seinen 63. Geburtstag nach, der mit einem Ball für alle Arbeiter
und Bauernmädchen bis 3 Uhr früh begangen war. Aber hauptsächlich konzentrierte sich
der Fürst auf den neuen Park.

Was ihm in den darauffolgenden Jahren traf, sind die Todesfälle in der Familie und im
eigenen Freundeskreis.
1846 ist Helmine verstorben, 1848 stirbt sein junger Neffe, den er vermutlich als Erbe
vorgesehen hatte, 1849 seine Schwester und noch im gleichen Jahr seine Mutter.

1851 war Pückler wieder einmal in London, zum Besuch der Weltausstellung und sorgt dort
erneut für Furore.
Lucie kann an den Reisen nicht teilnehmen, zum einen ist sie nie so reisefreudig gewesen
wie er und zum anderen hält eine schleichende Krankheit sie in den Rollstuhl gebannt.
Betreut wurde sie von Varnhagens Nichte, die sich auch später um Pückler kümmerte. Sie
war Herausgeberin der neun Bände ,,Briefwechsel und Tagebücher des Fürsten Hermann
von Pückler-Muskau", die 1874-1876 in Berlin erschienen und Verfasserin seiner ersten
Biographie .
Lucie starb am 8. Mai 1854 mit 78 Jahren in ihrem Rollstuhl. Ein Verlust, auf den Pückler
anscheinend kopflos reagierte. Er verließ Branitz für zwei Jahre und versuchte auf Reisen
seine Fassung wiederzugewinnen. Branitz ohne seine Frau ist ihm undenkbar, also fuhr er
kreuz und quer durch Deutschland, die Schweiz und macht in Italien einen alten Traum
wahr, den ihm einst Schinkel nahegebracht hat., er durchstreifte Sizilien.
Den stets gesuchten Menschen hatte Pückler eben verloren und statt auf ,,dem
höckrichten Rücken eines Kamels durch die arabische Sandwüste" trottiert er, traurig durch
Europa. Als Pückler nach Branitz zurückkehrt, ist Heine schon tot. Es wurde einsamer um
ihn, der jetzt eher wie ein Eremit lebte, kein Diogenes mehr zu Pferde.
Allerdings wird er nun bald greise Einsiedler noch einmal tätig und wie könnte es anders
sein, mit noch größeren und weiter gespannten Ideen als bisher.

Der Weg zum Tumulus

Auf der Heimfahrt nach Branitz ist er durch Muskau gekommen und hatte sich sein unter
Petzolds Leistung wohlgepflegtes und weitergeführtes Meisterstück kritisch betrachtet. Es
gefällte ihm, immer noch und war stolz auf die Leistung. Trotzdem wurde Branitz alles
andere als eine Kopie Muskaus, eher eine Art Gegenentwurf. Das stellt sich so recht erst
jetzt heraus, als der 70jährige eine noch größere Aufgabe anpackt als vor zehn Jahren. Er
nahm den so genannten Westpark in Angriff, eine Fläche von nochmals 50 ha Umfang. Der
bisher entstandene Garten umfaßt, ohne die dazugehörige Gärtnerei, nur 27 ha. Es
handelte sich also um mehr als eine Verdopplung.

Dazu bedarf es wieder enormer Vorkehrungen und Erdbewegungen. Der schon vorhandene
Schilfsee wird erweitert und ein neuer angelegt, der Fahnensee, der bald allgemein
Pyramidensee genannt wurde. Er entstand zwischen 1854 und 56 innerhalb von zwölf,
auch mit jener Pyramide aus Erde, die sich, sobald das Grundwasser in der Baugrube
zusammengeflossen war (eine Verbindung zur Spree bestand noch nicht), wie eine Insel
aus dem Wasser hebte. Diese merkwürdige stereometrische Form inmitten all der
natürlichen Wachstumsformen ist einzigartig in der gesamten Geschichte der englischen
Gartenbaukunst. Den Tumulus bestimmt Pückler als seine letzte Ruhestätte, für Lucie wird
daneben ein kleines Inselchen eingerichtet.
Die gewaltigen Erdbewegungen und die 1859 zusätzlich entstehende Pyramidensee, sanft
geschwungene Hügelkette sind noch heute staunenswert, weil sie ohne Bagger ausgeführt
wurden. Man schätzt auf 80 bis 90000 Kubikmeter, was an Boden allein für Seen und Hügel
bewegt werden mußte. Rechnet man hinzu, daß auch für die insgesamt 11 Kilometer Wege
erforderlich war, sind von Pückler in Branitz über 100 000 Kubikmeter Sand und Erde
gegraben, angehäuft, von einer Stelle an die andere transportiert worden.

Wie die Wege bei ihm nie so verlaufen, daß man am Anfang und Ende auf den ersten Blick
erkennt, läßt er auch die Wasserflächen immer wieder gleichsam aus dem Auge
herausgleiten. Das gelingt ihm durch geschickt aufgeworfene Hügel und Baum- und
Gehölzpflanzungen sogar mit kleinen Teichen.
,,Die Hauptsache ist aber, nie die ganze Wassermasse übersehen zu lassen und das
Wasser muss sich auch sichtlich nach und nach womöglich an mehreren Stellen zugleich
verlieren, um der Phantasie gehörigen Spielraum zu geben", wie es in Ausführung über
Englische Landschaftsgärtnerei in den ,,Briefen eines Verstorbenen"heißt.

Worauf Pückler jedoch in Branitz ganz verzichtet, sind die von ihm in Muskau vielfach
angepflanzten exotischen Bäume, wie zum Beispiel Eichen, Rotbuchen, Pappeln, Ulmen,
Platanen, Hainbuchen und Linden erscheinen als Solitärbäume oder in den typischen
Dreiergruppen, die besonders auf weiten Wiesen- und Rasenflächen das Bild des Parks
bestimmen. In den Gehölzen finden sich auch Spitzahorn, Graupappeln, Birken, Erlen,
Robinien und Kastanien. Der schönste Solitär war zu Pücklers Zeiten eine riesige Linde in
der Mitte des Schlossgartens. Heute würde dieses Prädikat wohl der gewaltigen Rotbuche
zufallen, die ebenfalls in der Nähe des Schlosses, auf der anderen Seite des Grabens am
Pleasure-ground-Weg, die ihre Krone in den Himmel wölbt, hoch über alle anderen Bäume
hinweg stehen. Seltenheiten sind ebenso selten in der Natur, so hin und wieder eine
Eßkastanie, eine Sumpfeiche, Flügelnuss und an Sträuchern, Rotdorn sowie jener
Gagelstrauch mit seinem derben Laub und aromatischen Duft an der Landpyramide. Sie
wurde nach dem Vorbild des Tumulus im Fahnensee (1863 geschaffen) wiederum mit
enormem Aufgebot an Arbeit- und Hilfskräften, vor allem Gefangenen erschaffen. Pückler
legte sie als Stufenpyramide an und verziert sie oben mit einer Art von Krönchen aus
Schmiedeeisengitter.
Wie es in der Gegend wohl nicht ganz ohne Grund heißt, handelt es sich hier weniger um
ein Wahrzeichen des Todes als eines der Liebe. Ständige Begleiterin des Fürsten ist um
diese Zeit die bildschöne 18jährige Ida von Seydewitz, die Tochter seines Stiefbruders
Max.

In Branitz wird Pückler im übrigen, was er sonst nie war, fleißig. Er arbeitete an seinem
Park und trieb ihn mit allen Kräften voran. Als der Sommer 1857 extrem trocken geriet,
holte er die Cottbuser Feuerwehr zur Hilfe, die die Neupflanzungen durch Bewässern aus
der Spree mittels Pumpspritzen rettet. Im vierten Pflanzjahr wirft ein starker Sturm viele
Bäume um, die ersetzt werden mußten, was sich 1866 wiederholte. Und nicht immer waren
es Wetter und Sturm, die sich ihm entgegenstellten. 1864 wollte man im allgemeinen
Eisenbahnfieber die Linie Berlin - Görlitz mitten durch den Park führen, was er im letzten
Augenblick durch Einspruch des Königs in einer Order an den Innenminister von Itzenplitz
abgewendet werden konnte. König war zur Zeit Pücklers Wilhelm I.
Nach dem Tod seines Bruders Friedrich Wilhelm IV betrat er den Thron .
,,Ich kann es nur als eine absichtliche Zerstörung des Branitzer Parks seitens der
englischen Eisenbahnbaugesellschaft betrachten, wenn dieselbe die Eisenbahn längs der
Chaussee innerhalb des Parkes führen will, statt außerhalb desselben zu bleiben ...",
schrieb Wilhelm I.
,,Ich veranlasse sie also hiermit, der englischen Compagnie meinen bestimmten Willen zu
erkennen zu geben, daß der Fürstliche Park zu Branitz unter jeder Bedingung von der
Eisenbahn unberührt bleiben muss und im keinen Falle eine feste Bestimmung getroffen wird
über die Richtung der Strecke, bevor mir nicht nochmal Vorlage gehalten worden ist." Die
Strecke wurde tatsächlich nicht wie vorgesehen, östlich der Spree gebaut, sondern
westlich. Bis zum Ende seines Lebens blieb Pückler der Überzeugung, bestimmte Kräfte in
England seien aus Eifersucht darauf aus gewesen, sein Werk zu zerstören.

Pückler war nun schon 79 Jahre alt. Den Tagesablauf teilte er sich selbst ein, wie er es
wollte. Er stand erst gegen 11 Uhr oder 12 Uhr mittags auf, nachdem er vorher im Bett die
Zeitung gelesen hat, vor allem die ,,Augsburgische Allgemeine". Er frühstückte im
orientalischen Schlafmantel und schließlich brachte ihm der Diener die lange, mit starkem
Latakiah- Tabak gestopfte Pfeife. Sie wurde mit einem glühenden Stück Kohle in Brand
gesetzt. Dann erschienen die Haus- und Stalldiener, sowie vor allem der Koch zum Empfang
der Tagesbefehle im Schlafzimmer und wurden vom ,,Hofmarschall" wieder hinaus geführt.
Hofmarschall auf Branitz war Billy Masser, Lucie Liliputaner, der mitunter den Fürsten auch
am Nachmittag begleitet, wenn dieser die Gartenarbeit inspiziert, die der neue Obergärtner
Bleyer leitete. Georg Bleyer sollte sein Amt als ,,Parkdirector" 45 Jahre wahrnehmen. Wie
Petzold auf Muskau führte er die Arbeiten im Sinne Pücklers weiter (später wurde dann nur
ein Revierförster angestellt und der Park verwildert. 1952 hatte ihn die DDR zum nationalen
Naturdenkmal erklärt und sorgfältig wiederhergestellt).
Gäste wurden immer seltener auf Branitz und wenn, dann gab es eine von Ludmilla und
Pückler entworfenen Hausordnung, deren Punkt 1 ,,vollständige Freiheit für Wirt und Gäste
zusichert". Punkt 2 beinhaltete ,,Jedermann steht auf und frühstückt nach Belieben".
Fürst schätzt seine Freiheit über alles und billigte sie auch seinen Gästen zu
Seit jeher gehörte zu seiner Freiheit das Reisen, daß er selbst im hohen Alter kaum
einschränken zu vermochte. 1866 fanden wir ihn im Unwetterjahr in München, Frankfurt
und Stuttgart, wo ihm die Nachricht vom Ausbruch des Krieges erreicht, den Bismarcks
Preußen gegen Österreich und Sachsen führte. Der 81jährige, der beiden Ländern viel
verdankt, fühlte sich trotzdem so sehr als Preuße, daß er sich sofort als freiwilliger im
Hauptquartier des Königs meldete. Am 4. Juli traf er in Gitschin ein und versäumt die
entscheidende Schlacht bei Königgrätz nur um Haaresbreite. Man ließ den Greis, zu dessen
Ärger, ruhig weiter im Feldbett schlafen, als man ausdrückt.

Zwei Jahre später war er schon wieder damit beschäftigt in Branitz einen neuen Berg
aufzuschütten, der Hermannsberg heißen sollte und gleich dreißig Meter hoch werden
sollte.. Es konnte gut sein, daß dieser Hermannsberg als dritte Branitzer Pyramide geplant
gewesen war.
Nach Paris treibt es ihn wegen einer 22jährigen unverheirateten Schönheiten, ,,frisch ...
und gut, daß sie den besten Statuen des Altertums gleichkam".

Als 1870 der deutsch-französische Krieg ausbrach, meldete sich selbst als 85jähriger noch
einmal freiwillig beim König, wurde aber nun wegen Alter und schwächlicher Gesundheit
abgelehnt. ,,Ich empfinde dies bitter", schreibt er gekränkt in sein Tagebuch, obwohl er
sich eben erst von einer schweren Erkrankung ,,die Genesung ertrotzt" hat.

Die letzte Tagebucheintragung erfolgt im Dezember des gleichen Jahres. Sie lauteten:
,,Kunst ist das Höchste und Edelste im Leben, denn es ist Schaffen zum Nutzen der
Menschheit. Nach Kräften habe ich dies mein langes Leben hindurch im Reiche der Natur
geübt".

Als seine letzte Stunde schlägt (am 4. Februar 1871) befindet er sich eben in den
Vorbereitungen zu einer Italienreise und hatte exakte Richtlinien für die Vollendung des
Hermannsberges entworfen.
Bei seinem Tod waren anwesend der Leibarzt, Dr. Liersch aus Cottbus, der Hofmarschall
Billy Masser, Parkdirektor Bleyer, der Oberförster und sein Kammerdiener. Sie hörten die
letzten Worte von seinen Lippen in der Art eines Befehls: ,,Man öffne mir den Weg zum
Tumulus !"

Das geschah an einem bitter kalten Tag mit Sturm und Schneegestöber und nach jenem
Säurebad, daß er testamentarisch angeordnet und was wohl Billy Masser vorbereitet hatte.

Was von Pücklers sterblichen Überresten noch vorhanden gewesen sein mag nach dieser
Prozedur, wird im Tumulus der Wasserpyramide beigesetzt.

Heine in seiner Vorrede zur ,,Lutezia" und im anscheinend Ungewissen, wohin er ,,die heiter
treuherztigsten und wehmütig tollsten Grüße" richten soll: ,,noch immer weiß ich nicht ganz
bestimmt den Aufenthaltsort des Verstorbenen, des lebendigsten aller Verstorbenen, der
so viel Titularlebendige überlebt hat".

Da wird er im zunehmendem Maße recht behalten. Pückler war auch als Verstorbener sehr
lebendig geblieben, sei es wegen der populären Delikatesse des nach ihm benannten
Speiseeises, sei es unter Interessierten wegen seiner Begabung, Natur und Kunst
miteinander in Einklang zu bringen., als Vollender der einst von England ausgegangenen
Landschaftsparkgestaltung.

In Vergessenheit ist allerdings sein literarisches Werk. Die deutschen hingegen, hatten es
nie gemocht, wenn einer ihre Sprache auf famose Weise elegant handhabt, wie man es nur
Franzosen für das Französische, Italienern für das Italienische und Engländer für das
Englische zuzubilligen gewillt ist. Denn sie waren keine feuilletonistische Nation

Vom Erz-Feuilletonisten deutscher Sprache ist trotzdem mehr geblieben als von den
meisten ,,Titularlebendigen" seiner Zeit und zwar so etwas wie ein Andenken, eine
Erinnerung, ein kulturhistorisches Schmunzeln, das wieder typisch deutsch der tragischen
Akzente nicht entbehrt. Ein Stück schöpferischer Unordnung in all dem Ordnungssinn, den
Preußen entwickelt hatte um zu überdauern. In ihr, im Preußischsten des Preußischen
hatte Pückler einen Akzent purer Menschlichkeit gesetzt, mit allen Vor- und Nachteilen des
Allzumenschlichen. Ein preußischer Individualist. Ein Außenseiter.

Als solcher nahm er gebührenden Rang in jenem heimlichen deutschen Olymp ein, in dem
sonst nur Figuren residieren, die sich das Volk selbst zurechtgebogen oder zurechtgefabelt
hatten.

Aus den letzten Lebenstagen des Fürsten Pückler-Muskau

Gelegentlich der Erörterung der Leichenverbrennungsfrage war in jüngster Zeit auch
mehrfach der Zerstörung des Leichnams des Fürsten Pückler-Muskau gedacht worden.
Aber sowohl in dem klaren und anregenden Vortrage, welchen Herr Professor Dr. Reclam
aus Leipzig in der zweiten Sitzung der siebenundvierzigsten Versammlung der Naturforscher
und Ärzte zu Breslau hielt, wie auch in der damaligen Biographie des Fürsten Hermann von
Pückler-Muskau, sowie endlich in der in Nummer 34 eines Blattes enthaltenen Mittheilung
sind die Vorgänge bei der Zerstörung des Leichnams des Fürsten nicht genau geschildert.
Nachdem nun schon im Jahre 1871 anderswo einen kurzen Bericht über die Bestattung des
Fürsten Pückler veröffentlicht wurde, wurden die nachfolgenden Erinnerungen an die
letzten Lebenstage des Fürsten eine wahrheitsgetreue Schilderung der Vorgänge bei der
Zerstörung des Leichnams desselben hinzugefügt.

Raphael's ,,Papst Julius der Zweite", jenes hochberühmte Gemälde im Palazzo Pitti zu
Florenz, welches uns einen der schönsten und ehrwürdigsten Greise vorführt, stieg immer
lebhaft in der Erinnerung auf, wenn Morgens gegen elf Uhr in das Schlafzimmer und an das
Lager des greisen Fürsten Pückler trat.

Fürst Pückler pflegte als Halbpatient in seinen noch letzten Lebenstagen, wie schon früher,
die Nacht zum Tage zu machen. Er verbrachte oft den ganzen Tag im Bette zu, las,
schrieb, empfing selbst intime Bekannte in seinem durch Vorhänge halbverdunkelten
Boudoir. Er stand erst gegen Abend auf, um seine übliche sorgsame Toilette zu machen
und ein Bad zu nehmen und begrüßte dann in seinem bekannten türkischen Kostüme die
zum Abenddinner geladenen Gäste, um sich ihnen bis nach Mitternacht als liebenswürdiger
Wirt zu zeigen. Zuweilen blieb er tagelang allein in sein Gemächern, sei es bei Tage oder
bei Nacht unter Fackelbeleutung, einen weiten, stundenlangen Spaziergang durch seinen
so sehr gepflegten und doch immer umgeänderten Park zu machen. Sein bis ins hohe Alter
vortrefflich haltendes Auge gestattete ihm selbst ohne Brille die langen Nächte hindurch
bei Öllampenlicht die feinste Druckschrift zu lesen, und so war Lektüre oft seine einzige
Unterhaltung außer den alltäglichen Geschäften, welche sein Besitztum und die nimmer
endenden Parkanlagen mit sich führten. Mit Vorliebe las er in der letzten Zeit Bodenstedt,
Schopenhauer und russische Dichter, über Unsterblichkeit, über psychologische Fragen
regten ihn stets an, wie er aber auch gern von den neuesten Errungenschaften der
Naturwissenschaften sich Bericht erstatten ließ.
Den reichlichen Schmerz, den er in seinem reichen Leben im ganzen wenig auszuhalten
nötig gehabt hatte dem er aber auch mit peinlichster Sorgfalt auszuweichen vermochte,
erklärte er sich als ein Zeichen unserer irdischen Un-
vollkommenheit, wie er auch eine allgemeine, aber nicht individuelle Unsterblichkeit dem
entwickelten menschlichem Geiste zuschrieb und eine Versetzung auf einen schöneren und
vollkommeneren Weltkörper nach dem Tode sich wünschte. Todesfurcht kannte er nicht. Er
fühlte sich am Ende des irdischen Lebens und wünschte wohl zuweilen, noch Zehn Jahre zu
leben. Ebenso wenig verlangte er, sein Leben künstlich verlängert zu sehen, nur den
Schmerz wünschte er beseitigt. Er hatte durchaus ein lebhaftes Gedächtnis für seine
physischen Wandlungen und Störungen und wendete auch hier wie in seinen trotz der
zunehmenden körperlichen Schwäche immer geistreichen und anziehenden Unterhaltungen
sich immer gern seiner Jugendzeit zu. Wie bei den meisten Menschen, waren bei ihm die
Erinnerungen an die Zeit seiner Kindheit und vollen Lebensjugend in seinem hohen Alter die
lebendigsten geblieben. Doch vermochte er mittelst seiner reichen Phantasie auch die
Ereignisse des späteren Lebens oft genug äußerst lebhaft, drastisch und hinreißend zu
schildern.
Pückler war, wie man zu sagen pflegt, eine weibliche Natur, so männlich und kräftig er im
Leben aufzutreten wußte. Sein vorzüglich angelegter und stets sehr gepflegter Körper war
im Ganzen fein und zart, seine Haut weich. Seine Züge waren regelmäßig, edel und
geistvoll, seine Augen blaugrau, fast milde, einschmeichelnd und heiter, bald funkelnd und
strahlend, ein schöner Spiegel seiner geistigen Beweglichkeit und Lebhaftigkeit. Er war
physisch für Reize sehr empfänglich.

Außerdem wirkten bei ihm Medikamente schnell, deutlich und energisch, zumal er ihre
Wirkung, wenn er sich einmal zum Gebrauche von Arzneien entschlossen hatte, so wenig
wie möglich zu stören suchte. Sein ganzer Organismus bewahrte bis ins hohe Alter eine
merkwürdige und denkbare Zähigkeit. Krankheiten nahmen ihn meist einen mehr
schleppenden, als akuten heftigen Charakter an. Pückler gab sich oft großen
Unregelmäßigkeiten hin, hielt dann aber auch Rast und Ruhe, übte tagelang die größte
Strenge an sich und nahm das kleinste Leiden, wenn es irgend anging, sehr ernsthaft. In
seinen letzten Jahren bewachte er seine Rekonvaleszenz stets sehr peinlich und blieb
seinen Gewohnheiten sehr getreu. Mit Ärzten besprach er sich sehr gern und so viele sich
seiner Gunst zu erfreuen gehabt hatten, so bewahrte er doch den meisten eine große und
dankbare Anhänglichkeit. Seine Weichheit und sein tiefes Gemüt , gespart mit
Leidenschaftlichkeit und Feuer, andererseits seine körperliche Zähigkeit, die oft schnell
eintretende Abspannung, aus der sich aber urplötzlich wie ein Phönix erhob, sein
bewunderungswürdiges Simulationstalent, das ihn bei seinem unendlichen Wechsel in
Berücksichtigung und Geringschätzung der Welt wesentlich unterstützte sowie seine wohl
zu verzeihende Eitelkeit, die ihm bis ins hohe Alter verblieb. Vor allem seine
Eigentümlichkeit, den augenblicklichen Eindrucke schnell zu folgen, woraus oft die
reizendste Gutmütigkeit, aber zuweilen auch eine ungerechtfertigte Strenge und ein fast
unerklärbares Übelwollen erwuchs. Alles dies war begründet in der seiner ganzen Natur
aufgedrückten Weiblichkeit. Er konnte so launig, aber auch so liebenswürdig wie eine Frau
sein. Er war oft leichtsinnig in der Jugend, wohlwollend im Alter, leidenschaftlich bis zum
Exzeß und wieder apathisch und fast schüchtern zurückhaltend. Ein großer Teil dieser
Eigentümlichkeit fand seine Begründung in dem französischem Blute, das in seinen Adern
rollte. Es ist bekannt, daß seine Mutter eine Tochter der französischen Gräfin Olympia de la
Tour du Pin war. Interessant war, daß er als erstes Kind einer kaum fünfzehnjährigen Frau
so starke Lebensfähigkeit erhalten hatte und wirklich über fünfundachtzig Jahre alt wurde.
Er wurde am 30. Oktober 1785 an einem Sonntag geboren und starb am Sonnabend, den 4.
Februar 1871, wenige Minuten vor Mitternacht.
1867 litt Pückler an einem Magenkatarr, welcher ohne das Fieber hinzutrat und andere
Organe wesentlich in Mitleidenschaft gezogen wurden, sich trotz vielfacher
Kurbestrebungen ungemein lang hinzog. Natürlich sanken die Kräfte sehr bedeutend und die
Schwäche nahm so zu, daß ernste Besorgnisse auftreten mußten. Jedoch hatten die
Enthaltung jeder festen Nahrung, die Aufnahme von einfachen Flüssigkeiten und der sehr
begrenzte Gebrauch von Medikamenten den guten Erfolg, daß das Schleimhautleiden sich
wieder löste und der Patient sich gegen den Herbst soweit erholte, daß er mit allem Eifer
sich wieder seinem Parke widmen konnte. Er hatte schon im Winter die feste Absicht nach
Oberitalien oder Tirol zu reisen, da ihm der Aufenthalt in Bozen schon einmal nach langer
Krankheit gute Dienste geleistet hatte. Er entschied sich aber endlich auf ärztlichen Rat für
Wildungen, daß er im August 1868 besuchte, nachdem schon Monate vorher
Vorbereitungen zur Reise getroffen worden waren.
Freilich erholte sich der Körper nicht mehr vollständig, vielmehr erhielt sich der Fürst nur
durch äußerst vorsichtige und einfache Lebensweise, ohne daß besondere Krankheiten
auftraten. Kleine Unpäßlichkeit wurden gewöhnlich durch tagelanges Zurückziehen und
stillen Aufenthalt im Bette beseitigt. Aber trotz der allmählichen Abnahme der körperlichen
Kräfte blieb Pücklers Geist immer noch sehr rege und tätig, namentlich sein Sinn für die
Natur und seine Neigung für Gartenkunst. Der Literatur blieb er natürlich auch treu, nur die
Politik und die Tagesereignisse bewegten ihn weniger . Ein lebhaftes Interesse gewann er
in der Bibliothek des Schlosses Branitz.
Fürst Pückler hatte nämlich in der Tat vieles mit Ludwig dem Vierzehnten gemein. Auch
Ludwig war weniger eine männliche starke, als weiblich zähe Natur und erreichte trotz der
vielen Krankheiten von den Pocken bis zur Gicht, zum Steingries und dem Brande der Alten
ein ziemlich hohes Alter. Nach Weihnachten 1870 wurde ein Arzt zum Fürsten gerufen. Eine
Einfache Grippe hatte ihn befallen, störte aber diesmal die Ernährung des so
ausgezeichneten Körpers bald so bedeutend, daß Ende Januar 1871 vollständiger Nachlaß
der Kräfte eintrat. Am Mittwoch den 1. Februar, sah der Fürst zum letzten Male seine
Nichte und spätere Universalerbin. Eine geborene Gräfin von Seidewitz. Sein Nachfolger im
Majorat und in der Ausführung der vielbewunderten Anlagen des Branitzer Parkes, der Herr
Reichsgraf Heinrich von Pückler, weilte damals als Rittmeister mit den deutschen Truppen
im Vaterlandskriege in Frankreich. Die Nacht des 4. Februar wurde nie vergessen. Es war
ein finsterer, stürmischer Abend. Als der Arzt das letzte mal zu dem Schwerkranken
hinausfuhr. Die aufgeregte stimmte zu dem seines inneren, daß auch unruhig und tief
bewegt war. Voraussichtlich mußte in dieser Nacht die Katastrophe eintreten. Das hohe
Schloß, das oft so glänzend und brillant erleuchtet war, stand starr, finster und schaurig
dar, nur ein matter Lichtschein drang von den oberen Eckfenstern durch die dunkle Nacht.
Wo sonst die Bedienten so lebendig und beschäftigt durch die hellerleuchteten
Schlafgemache lag der Fürst wie von einem sanften Schlafe umfangen, nur hin und wieder
murmelte er leise einige kaum verständliche Worte die an seinem Park und seine treuen
Rosse erinnerten. Mit seinem kleinen wohlbekannten Geheimsekretär saß der Arzt bis elf
Uhr still beobachtend an diesem friedlichen Sterbelager eines so bedeutenden und
Tausenden wohlbekannt gewordenen Mannes. Welche Gedanken gingen da durch die
Seele, so tief bekümmert sie war durch den drohenden Verlust.
Gegen Mitternacht, wurde der Atem immer langsamer und äußerst sanft. Ohne jeglichen
Todeskampf hauchte der Fürst seinen letzten Atem aus. Es war fünf Minuten vor zwölf
Uhr, am 4. Februar 1871. In stiller Wehmut drückte er ihm die Augen zu.

 

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Fürst Pückler - Archiv - Lebensgeschichte des Künstlers Hermann Fürst von Pückler