Diplomatische
Seelen-Einblicke
Ägypten ehrt die Sklavin des Fürsten Pückler
- Nebenan feiert Österreich Herbert von Karajan
Die Einladung ist rührend: Man schlägt die Kartonklappen
auf und erblickt Fürst Hermann von Pückler-Muskaus
(1785-1871) idyllische, letzte Ruhestätte, ein Pyramidengrab
im Schlosspark Branitz. Darüber ein wunderbarer Satz
aus seiner Feder: "Wer in meinen Park schaut - schaut
in meine Seele".
Morgen eröffnet der ägyptische Botschafter Mohamed
Al-Orabi in der diplomatischen Vertretung eine Ausstellung
über den ungewöhnlichen Fürsten, der der Welt
nicht nur eine Eisspezialität (seine gemeinhin berühmteste
Schöpfung, die daher rührt, dass er aus Geldnot
seinen Namen dafür verkaufen musste), sondern perfekte
Gärten und, als berühmt-berüchtigter Frauenheld
seiner Zeit - eine Sammlung herrlicher Liebesbriefe hinterließ.
Nun also treffen wir ihn in der ägyptischen Botschaft
wieder. Dem Fürsten, einem Freund des Orients, hätte
diese Idee vermutlich gefallen. Er begab sich gern auf Reisen,
in Ägypten faszinierten ihn, wie jeden Touristen, die
Pyramiden.
In Deutschland begann er, sie als "grüne Pyramiden"
nachzubauen. Eine, die Seepyramide im Park von Schloss Branitz,
wurde zu seiner Begräbnisstätte. Hier ruht das Herz
des Ruhelosen. Ein Herz, das er häufig verschenkte, darunter
an die ägyptische Sklavin Machbuba. Ein "Souvenir",
sozusagen, und natürlich bekam auch sie, die er auf dem
Sklavenmarkt von Karthum gekauft hatte, Liebesbriefe: "Cara
mia Machbuba (ital.: meine liebe Machbuba)", begann der
Fürst diesen, ob sie hier zu Lande glücklich war,
mag bezweifelt werden. Das Mädchen, dessen genaues Alter
nicht bekannt ist, starb am 27. Oktober 1840 an Lungentuberkulose.
Auszug aus einem Liebesbrief: "Ich küsse Dich wie
ein Vater, eine Mutter, ein Bruder und eine Schwester. . .
in acht Tagen hoffe ich in Muskau zu sein, um Machbuba einen
Kuss zu geben."
Szenenwechsel. Am Donnerstagabend enthüllte der österreichische
Botschafter Christian Prosl eine Karajan-Büste, das Foyer
der diplomatischen Vertretung trägt nun den Namen des
1989 verstorbenen Dirigenten. Eine späte Würdigung
eines Mannes, der es in Berlin nicht immer einfach hatte.
Im Herbst 1982 kam es zu ersten Differenzen zwischen den Berliner
Philharmonikern und ihrem Dirigenten, 1989 sagte sich von
Karajan endgültig von dem Orchester los.
Der ehemalige persönliche Berater Herbert von Karajans,
Uli Märkle, erzählte Anekdoten aus seiner turbulenten
Zeit mit dem Dirigenten. Auszug: "Karajan hasste es,
über Musik zu reden. Nach jedem Konzert hat er sich mit
meiner Frau über Börsenkurse unterhalten."
Einer seiner Wahlsprüche sei gewesen: "Wer all seine
Ziele erreicht hat, hat sie zu niedrig gewählt."
Herbert von Karajan liebte es, Whisky stehend aus einer Flasche
zu trinken: "Dann fühle ich mich wie John Wayne",
erklärte Märkle. War der Wodka zu kalt - Karajan
hasste eisgekühlten Wodka - habe er ihn gewärmt,
indem er das Glas in einen Teller mit heißer Suppe stellte.
Von Karajan liebte Weißwein, mochte weder Kaviar noch
Lachs, war Familienmensch, liebte Yoga und schnelle Autos
und konnte gut einschlafen, wenn sein Lieblingsvideo "Spiel
mir das Lied vom Tod" lief. Und am Ende seines Lebens
habe der Dirigent folgende Einsicht gehabt: "Es ist alles
gestohlen." Silvia Meixner
Artikel erschienen am Sa, 20. September 2003